Richard Hawley

„In This City They Call You Love“

BMG (VÖ: 31.5.)

Schmelzende Balladen vom britischen Pop-Nostalgiker.

Einer der unbesungenen Helden der britischen Popmusik ist Richard Hawley. Er war nicht bei Pulp, sondern bei den Long­pigs, aber er spielte Gitarren bei Konzerten von Pulp. Vielleicht war das Solo bei „Some­thing ­Changed“ von ihm. Er spielt Gitarre auf diese Art. Jarvis Cocker fand, er solle Soloplatten machen. Das tat Hawley dann seit dem Jahr 2000. Er ist ein komischer Nostalgiker, eine Gestalt wie aus „Abso­lute Beginners“, der das Schubidu, den Schwof und den Twang der 50er-Jahre beherrscht. Es geht die Fama, er schreibe seine Alben um seine Heimatstadt Sheffield herum. Vor einigen Jahren konzipierte er sogar ein Musical über Sheffield. Aber dieses Sheffield liegt in Oklahoma oder Texas, nicht in England. Schmalztolle und Entenschwanz weisen Hawley als Stilisten aus. Beizeiten hätte er Songs für Morrissey schreiben sollen.

In dieser Stadt nennen sie ihn Kauz

„In This City They Call You Love“ ist ein Album der schnalzenden, schmelzenden Balladen, die Hawley mit seinem wohltönenden Gitarrenspiel, manchmal mit Streichern und Chören verziert. Es war eine gute Idee, seinen warmen Bariton herauszustellen und die Instrumentierung zu beschränken. Wenn Hawley sich der Gegenwart nähert, ist er längst nicht so gut. Das macht er aber praktisch nie. Er weiß nicht, was er mit der Gegenwart anfangen soll. Tear­jerker wie „Hear That Lone­some Whis­tle Blow“ und „Deep Waters“ klingen wie Lieder von Dimitri Tiomkin aus einem alten Hollywoodwestern, „Deep ­ Space“ wie Eddie Coch­ran oder Gene Vin­cent.

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Hawley baut seine Lieder aus einfachen Melodien, dann kommt ein Solo, dann noch eine Strophe, dann wiederholt er den ­Refrain. Und alle Songtitel könnten Film­titel sein: „Have Love“, „Heavy Rain“, „When The ­Lights Go Out“, „­People“. Den Plattentitel hatte Richard Hawley schon, bevor er die Songs überhaupt geschrieben hatte. Das war auch so bei seinem besten Album, „Truelove’s Gutter“ vor fünfzehn Jahren. Eine vollkommen verrückte Spieldosenplatte. In dieser Stadt nennen sie ihn Kauz.