U2

Achtung Baby

Universal

Vor 25 Jahren veröffentlichten U2 ihr Album "Achtung Baby" und gingen damit auf Platz eins in Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den USA. Die Band bestand den Imagewandel: Aus Protestmusikern wurden Zyniker

Dunkelheit tritt an die Stelle des Lichts. Mit „Where The Streets Have No Name“ aus The Joshua Tree (1987) begrüßten U2 den Sonnenaufgang. Mit dem „Achtung Baby“-Opener „Zoo Station“ ging die Band unter die Erde. In die U-Bahn, auf Reisen in das unbekannte Ostberlin der Nachwendezeit. The Edge spielte keine erhebenden Töne mehr, seine verzerrte Gitarre klang wie ein rasender Zug, manchmal sogar wie Krieg. David Bowie als Inspiration und die Hansa-Studios als Aufnahmeraum. Bono sang erstmals mit verstellter Stimme. Er legte es darauf an missverstanden zu werden.

1991 schufen U2 ihr düsterstes Album, die Themen – Un­schuldsverlust, Verrat, Abkehr von Gott, Allmachtsfantasien – haben 25 Jahre später ebenso wenig an Reiz verloren wie der Sound. Wer an „The Fly“ immer noch kritisiert, dass U2 damit der britischen Ravemusik den Todesstoß versetzt hätten, ignoriert, dass es keinen Song der Rave-Bewegung gab, der es mit „The Fly“ aufnehmen konnte. „Mysterious Ways“? Ist die tanzbarste Hendrix-Variation. „Love Is Blindness“? Das traurigste, pessimistischste Lied, das je über Selbstmordattentäter und Terrorismus geschrieben wurde. Ursprünglich wollte die Band ihr Werk „Man“ nennen, als Anspielung auf die Weiterentwicklung nach dem Debüt „Boy“ von 1980. Auch das hätte gepasst. Als Texter war Bono nie besser.

Popanz mit Brille

Bemerkenswert war die im Jahr 2011 veröffentlichte Deluxe Edition von „Achtung Baby“, erhältlich in verschiedenen Größen. Die aufwendigste, die „Uber“-Edition, enthält unter anderem: das vielleicht noch mutigere Schwester-Album Zooropa (1993) sowie die bereits veröffentlichte Zoo TV: Live from Sydney-DVD. Die „Zoo TV“-Tour wirkt heute herrlich antiquiert, mit Großfernsehern als Bühnendeko, Satelliten für Liveschaltungen und Bonos Fernsehen-verdirbt-dich-Botschaften. Damals ahnte keiner, dass das Massenmedium Internet uns alle bald verderben würde.

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Die beigefügten CDs mit Outtakes und Demos dokumentieren Bonos langsame Entwicklung: vom Jungen mit Unschuldsstimme zu einem zynischen Schauspieler, der sich als Popanz nur scheinbar wohl fühlt. Unfreiwillig lustig ist dabei sein unveröffentlichter, hier enthaltener Song „Oh Berlin“. Die Stadt muss Bono sehr beeindruckt haben; das Lied ist mehr ein Jam, und der Sänger schafft es gerade mal, anstelle eines zusammenhängenden Textes die Namen ihm bedeutsamer Musiker und Berlin-Bewohner („Iggy“, „Bowie“) aufzusagen.

Was vergessen? Ja. Die „The Fly“-Sonnenbrille lag auch bei. Unwichtig? Aha. Wer hat denn damals so eine Brille, die Brille des Jahres, irgendwo im Laden erstehen können? Keiner!