Prince
Purple Rain – Expanded Edition
Das allererste Reissue mit Material aus dem Archiv des Funk-Genies
Mit seinem sechsten Album schuf Prince den Meilenstein des Funk-Rock, vereinte Schwarz und Weiß, schrieb mit dem Titelsong eine Quasihommage an Bruce Springsteen und mit „When Doves Cry“ jenen legendären „Tanzflächen-Geniestreich ohne Bass“. Aber hält die erste Edition mit unveröffentlichtem Archivmaterial den Erwartungen stand? Was fehlt – was ist zum Glück enthalten?
Für Einsteiger ist das Set eine Freude, für über Jahrzehnte angetriggerte Fans ist sie eine kleine Enttäuschung. Aber es konnte auch nicht anders kommen. Nicht weil drei CDs plus DVD des Syracuse-Konzerts von 1985, das es zuvor nur auf verdüsterndem VHS gab und den Gig im Heimkino zum mysteriösen Schattenspiel machte, kein angemessenes Volumen bieten (man hätte fünf Discs füllen können), sondern weil die Auswahl nicht ökonomisch erscheint. Zwar enthält die zweite Disc elf große Outtakes, mit „The Dance Electric“ das vielleicht berauschendste, nie selbst von Prince veröffentlichte Lied, und die „Hallway Speech“-Version von „Computer Blue“, dem Dialog zweier lesbischer Musikerinnen mit einer Liebesmaschine, ist von allen inoffiziellen Fassungen die beste. „Love And Sex“ war auch für Bootleg-Füchse kaum zu kriegen.
„Expanded“ müsste doch heißen: verlängert!
Aber CD drei hinterlässt Ratlosigkeit. „Edits“ der A- und B‑Seiten? Das bedeutet bei Prince: Fade-outs nach der Songmitte. Einen Fadeout kann man allerdings auch selbst erzeugen: an der Stereoanlage einfach den Lautstärkeregler herunterdrehen.
Eine „Expanded Edition“ hätte das Gegenteil bringen müssen, der Raum wäre vorhanden gewesen, die unveröffentlichte Langfassung von „Take Me With U“, der hinreißend gestreckte Kontrollverlust von „The Beautiful Ones“: „Let me tell U a story …“
Prince hatte, bevor er im April 2016 plötzlich verstarb, das Remaster noch selbst überwachen können. Die neun „Purple Rain“-Songs bleiben damit sein Vermächtnis. Aber warten wir noch sieben Jahre auf die „40th Anniversary“. Bei den Extras ist noch Luft nach oben. (Warner)