Primal Scream
„Come Ahead“
BMG (VÖ: 8.11.)
Die Ex-Rave-Helden verstricken sich im Genre-Mix.
Bobby Gillespie, im vergangenen Jahr mit seinen Söhnen Lux und Wolf Star einer H&M-Werbekampagne, und seine Truppe haben eine lange musikalische Reise hinter sich. Mit „Velocity Girl“ schufen sie den ultimativen Song zum Shoegazer-Sound von 1986. Alles gesagt in 1 Minute 25! Danach ging es dann geradewegs in eine Byrds-Phase, bevor mit dem House-DJ Andrew Weatherall und „Loaded“ der Durchbruch gelang.
„Screamadelica“ mit seinen Dub-, Funk- und Psychedelia-Einflüssen gilt als Meilenstein der britischen Rave-Hochzeit. Schließlich kopierten sie mit Producer George Drakoulias die Rolling Stones. Noch später: Electroclash! Und nun, nach acht Jahren Pause, und mit dem 12. Studioalbum, trudeln sie mit Getöse in ein musikalisches Niemandsland. Das Schlimmste dabei: Gillespies Markenzeichen, sein nöliger Gesang, der so manchen mediokren Song rettete, ist nicht mehr eindeutig zu erkennen und verschwindet irgendwo im seltsamen, unausgeglichenen Mix dieses Werks.
Es funktioniert nicht mehr alles
Was erlauben Produzent David Holmes? Nach dem noch verheißungsvollen Gospel-Auftakt von „Ready To Go Home“ setzt gleich das Pluckern des Maschinenparks ein, und alles versuppt. Auf „Love Insurrection“ nölt Gillespie dann wieder, aber nicht wie er selbst, sondern wie ein fremder Gastsänger. Immer wieder blitzen schöne Momente auf, soulige Backing-Tracks und weibliche Backing-Vocals, bevor dann ein beliebiger Chorus einsetzt. Mögen es andere kosmisch nennen, dies hier stellt die Definition von „unausgegoren“ und „chaotisch“ dar.
Schade, das alles, denn Gillespie bezeichnet „Come Ahead“ als sein persönlichstes Album und hat erstmals die Texte vorab geschrieben. Weiß man, dass er seinem Vater, der das Cover ziert, vor dem Tod im Krankenhaus noch „Ready To Go Home“ vorgesungen hat, ist das natürlich um so rührender. Also: Primal Scream sind nicht mehr die älteste junge Band der Welt. Sie sind im Alter angekommen. Es funktioniert nicht mehr alles.