Port O‘ Brian

Threadbare

Manchmal muss man Prioritäten setzen. Vor allem wenn man seine künstlerische Geburt einem Fischerboot in Alaska verdankt und der Sehnsucht nach einer Bäckerin an Land. Um dann – zack! – als große Indie-Folk-Hoffnung in den großen Tour-Zirkus eingespeist zu werden. Wer die ausufernde Ekstase gehört und gesehen hat, mit der Port O’Brien Songs wie „I Woke Up Today“ und „The Rooftop Song“ auch in Europa aufführten, kann die Befürchtung von Fischersohn Van Pierszalowski schon verstehen, seine Band solle sich doch bitteschön nicht „in eine Pub-Rock-Band oder eine Crazy Horse-Tribute-Band verwandeln“.

Dass es so im Studio nicht weitergehen konnte, dafür sorgte aber allein schon der Unfalltod des jüngeren Bruders von Cambria Goodwin. Doch was läge näher als neue Musik, um einem solchen Schicksalsschlag zu begegnen? Insofern konnte „Threadbare“ nur den tragischen Verlust verhandeln, das schwarze Loch und die Fragen, die es den Überlebenden zu stellen pflegt, aber auch die Kraft und Zuversicht, die es braucht, um danach weiter ein anderes Leben leben zu können.

So anders klingen Port O’Brien deshalb noch lange nicht, nur halt manchmal „High Without The Hope“, wie gleich zwei Stücke (mit dem Zusatz 3 und 72) heißen, die das Album wie eine melancholische Klammer umschließen. Dazwischen führt Goodwin Klagelieder wie „Tree Bones“, das Titelstück und „Darkness Visible“ als große Stoßseufzer auf. Und ein bisschen Neil zumindest darf’s auch schon sein, wenn „Calm Me Down“ den Trauerzyklus mit einer Streichercoda emphatisch verdichtet. Doch irgendwann können Port O’Brien nicht mehr anders. Dann hauen sie doch wieder kleine große Hymnen wie „Oslo Campfire“ und „Sour Milk/Salt Water“ raus, behaupten mit stoischer Anmut „My Will Is Good“ und setzen mit „Leap Year“ und auch mal reichlich Gitarren-Distortion zum Sprung in die Zukunft an. Und die kann – trotz allem – nicht so schlecht sein, wenn Cambria Goodwin sanft die Verheißung von „Next Season“ beschwört. Alles eine Frage der Prioritäten.