Pixies
„Doggerel“
Infectious/BMG (VÖ: 30.9.)
Neue sperrig-schöne Storys von Black Francis
Bei einem Mann, der so dreist war, seine Musiker einst per Fax zu informieren, dass er ihre Band aufgelöst habe, verwundert es nicht, wenn er als Grund für die Scheidung von seiner Frau angibt, dass sie immer der Auffassung war, dass Van Halens „You Really Got Me“-Version besser sei als das Original der Kinks, oder wenn er behauptet, dass seiner Idee von Rock’n’Roll die Popschnulze „Sealed With A Kiss“ am nächsten kommt. Black Francis ist nicht zu trauen. Nicht nur wenn er Songs wie „Dregs Of The Wine“ oder „Get Simulated“ mit solchen absurden Behauptungen schmückt, sondern auch wenn er im ersten Refrain von „Nomatterday“ warnt: „Don’t waste your time on me.“ Denn tatsächlich ist es nie Zeitverschwendung, sich auf diesen Mann einzulassen – zumindest wenn man ihn nicht heiraten oder mit ihm in einer Band spielen will.
Nach wie vor türmt Francis seine Songs gern auf einem Berg aus Wohlstandsmüll auf
Und das neue Pixies-Album, „Doggerel“, beweist das endlich wieder. Zwar gibt es darauf genug Platz für all das, was die Pixies musikalisch immer schon ausgemacht hat – knurrige Bassläufe treffen auf Stakkato- Gitarren, und in sperrig-spröder Indie- Rock-Verpackung lauern Pop-Melodien –, doch es gibt ein paar neue Twists. So hört man diesem achten Pixies-Album an, dass Francis parallel an einer Americana-Soloplatte gearbeitet hat, etwa bei „Vault Of Heaven“, „Who’s More Sorry Now?“ oder bei „Pagan Man“, bei dem nicht ganz sicher ist, ob es sich um eine Neil-Young-Hommage oder -Parodie handelt.
Nach wie vor türmt Francis seine Songs gern auf einem Berg aus Wohlstandsmüll auf, erzählt skurrile Storys, die sich mal tief ins mythische Dickicht graben, mal in die Cyberpunk- Sci-Fi-Welt von William Gibson und Philip K. Dick eintauchen. Und meist verbergen sich in diesen Songs am Ende dann doch Beziehungsgeschichten, so auch im folkigen „Thunder & Lightning“, dem biblischen Epos „You’re Such A Sadducee“ und dem mit Spukeffekten
verzierten „Haunted House“, das von den Geistern längst vergangener Romanzen heimgesucht wird.