Phantom/Ghost
Three
Reizender Laptop-Folk von Dirk von Lowtzow und Thies Mynther
Die Platte erinnert mich an den tollen britischen Film „The Wicker Man“ von 1973, in dem ein schottischer Polizist auf einer komischen Insel ermittelt und dort mit verstörten katholischen Augen das heidnische Frühlingsfest beobachtet, nackte Blumenrituale, Leute in Tierkostümen-dann merkt er, dass er selbst das Menschenopfer ist, auf das sich alle freuen. Dirk von Lowtzow hat ja schon mit seiner Hauptgruppe Tocotronic die Liebe zum Okkulten, Schwarzromantischen, zu Zombies und verwunschenen Büchern dokumentiert. Beim Zweitprojekt mit Thies Mynther geht das noch besser, weil er hier ganz frei ist vom Rock-Format. Und trotzdem lassen Phantom/Ghost offen, ob sie vom Umtrieb der Geister und Hinkelsteinläufer nicht genau so befremdet sind wie die Zuhörer. Was gut ist.
Der ungeliebte Begriff Laptop-Folk trifft es bestens: eine im Prinzip elektronische Platte, die besonders nach Klavier und akustischer Gitarre klingt. Phantom/Ghost machen ihre Menuette, Abzählverse und Zauberspruch-Songs so reduziert wie Ambient- oder Minimal-House-Musiker, aber alles sind reizende, mitsingbare Lieder, Stubenmusik fürs Hexenhaus. Man kann sich ein Experimentier-Studio vorstellen, man kann sich auch denken, dass Lowtzow mit der Gitarre im Wald sitzt oder auf einer mintgrünen Wiese, in der Mitte des Steinkreises. Ein Lagerfeuer mit Krötentopf bei „Tannis Root“, zwitschernde Vögel und die Ziegenfelltrommel des Tambours bei „Far From The Madding Crown“, der bleiche Hofstaat, der zu „All IsHell“ Walzer tanzt. Bei „Willow“, dem Liebeslied an die Freundin von Vampirjägerin Buffy, applaudiert die Highschool-Aula.
Dass Lowtzow diese wirklich allerliebsten Lieder nicht im übermotivierten Studenten-Britisch singt, sondern mit steinschwerem deutschen Akzent (was vielen Gourmets das Anhören dieser Platte unmöglich machen wird), ist vielleicht nicht mal Absicht – es ist allerdings das deutlichste Signal, dass „Three“ eine schön inspirierte Hommage ist und keine Folk-lmitation und Stilübung, dass das Krude, Verschnittene, Unterkühlte dieser Platte absolut beabsichtigt ist. Wenn sich trotzdem ein paar Geister von ihr beschwören lassen, sind sie selbst schuld.