Phantom Ghost
Pardon My English
Dial/Kompakt/Rough Trade VÖ: 15. Juni 2012
Gebildete gutangezogene Männer, die einander gern einmal ihre Gefühle gestehen, haben sich schon immer zu den Schallplatten des kammermusikalischen Duos Phantom Ghost hingezogen gefühlt. Dirk von Lowtzow (Gesang) und Thies Mynther (Klavier) sind sonst in sogenannten Diskurspopgruppen mit gegenwartsdiagnostischen Texten und existenziell komplizierten Kompositionen befasst. Hier hingegen überlassen sie sich ganz der naiven Leidenschaft für ledergebundene Bücher und dekadente Erotik, für viktorianische Dichtung und präparierte Klaviere.
„Pardon My English“, ihr fünftes Werk, ist fraglos ihre bislang beste Platte! Was sich wesentlich der stimmlichen Reife verdankt, mit der Lowtzow die Phantom-Ghost-typische Überspanntheit inzwischen zu Gehör zu bringen versteht; so erotisch sonor, sonderbar und somnambul hat er bislang noch niemals gesungen. Atemberaubend sind insbesondere die beiden Duette, die er mit der bildenden Künstlerin, Akkordeonistin und Kirchenliedsängerin Michaela Meise darbietet. Gemeinsam klingen sie wie ein verliebtes, aber vor dem ersten Kuss noch verklemmt zurückscheuendes Pärchen in einem Technicolor-Musical; nur dass sie die eigene Verklemmtheit zugleich psychoanalytisch sezieren – in dem Stück „Dr Schaden Freud“ reimt Lowtzow denn auch „overanalyzed“ auf „Poltergeist“. Toll!
Und Thies Mynther? Früher zerdrosch er mit grober Metzgershand noch die schönsten Kompositionen und erwartete dafür den Applaus der Camp-beflissenen Zynikerboheme. Heute streichelt er innerlich zitternd die Tasten, cremt seine Saiten mit Bienenwachs ein und modelliert den Klang des derart präparierten Klaviers liebevoll zu 3D-Skulpturen: Man kann das, wie den gesamten Schaffensweg dieses hervorragenden Duos, auch als Prozess der Zivilisierung betrachten.
Beste Songs: „Dr Schaden Freud“, „In The Tittery“