Pete Yorn
„Back & Fourth“
Mal wieder so richtig schön abweinen! Am helllichten Tag ungeniert drauflosflennen, weil man sonst nichts mehr tun kann, damit es einem hernach eventuell ein klitzekleines bisschen weniger schmerzt. Solcherart sind die Pläne, die Pete Yorn gleich im ersten Stück von „Back & Fourth“ unterbreitet und damit den trüben Grundton für sein viertes Album (beachten Sie das hübsche Oberschülerwortspiel im Titel!) setzt.
Nach den letzten beiden eher verschlurften Alben hat Yorn seinen Folk-Rock dieses Mal in Nebraska zusammen mit Saddle Creek-Produzent Mike Mogis aufgenommen und die Instrumente ebenfalls Musikern aus diesem Labelumfeld überlassen. Rick Rubin half auch. Das Ergebnis klingt gleichermaßen reduziert wie slick, raue Stellen und kratzige Borsten vermisst man trotz trauriger Thematik.
Vielmals werden zu gelegentlichen Mandolinen und eher verstörenden Hörnern ausgefranste Beziehungsenden und lähmende Zauderei besungen, die Klagen eines weltüberdrüssig Zerschundenen vermelden: Es ist vorbei. Ehrliche Erschöpfung hört man, wenn Yorn davon singt, 57000-mal an ein Mädchen gedacht zu haben, gestern nicht mitgezählt. In „Thinking Of You“ klingt er dabei tatsächlich annähernd so ziegig wie Conor Oberst, vermutlich ein unvermeidlicher und ja durchaus begrüßenswerter Nebeneffekt seiner Saddle-Creek-Crew. Eine heitere Abwechsung ist das etwas fidelere „Social Development Dance“.
Ansonsten ist „Back & Fourth“ ein Pendelklöppel, sachte schwingend zwischen Texten voller Pein und schlicht-hübscher, in der Relation eher gleichmütiger Musik, die in ihrer Schläfrigkeit mitunter nur durch kleine überraschende Sperenzchen in den letzten Akkorden aufgescheucht werden. Manchmal macht das Ganze einen bestürzenden Banalitätsschlenker in Richtung Joshua Kadison, als wären einzelne Lieder gezielt als geschmackvolle Knutschuntermalung für „O.C., California“ aufgenommen. Ein, zwei Mal fühlt man sich zu dem Kalauer verleitet, „Pete Yorn“ klänge doch eigentlich sehr vielsagend wie „Pete Yawn“. Würde man aber natürlich nie machen. (Sony)
Anja Rützel