Pete Astor
„Time On Earth“
Tapete (VÖ: 7.10.)
Feiner Pullunder-Pop für Melancholiker
Auch Pete Astor, „being in my fifties“, hat in den vergangenen zwei Jahren gemerkt, dass das Land der Vergangenheit nun größer ist als das Land der Zukunft. Man merkt das vielleicht noch nicht mit 49. Und die großen britischen Songschreiber des Pullunder-Pop merken es mit stärkerer Wucht als andere: Roddy Frame, Edwyn Collins, Lloyd Cole, Nick Heyward, Bill Pritchard. Pete Astor gehörte mit The Loft und den Weather Prophets zu den besten Songschreibern seiner Generation, und er hat wirklich keinen Deut nachgelassen. Es sind die Zeiten, die dürftiger geworden sind.
„Time On Earth“ ist ein Album, das man ganz und gar, von Anfang bis Ende hören muss
Und natürlich hat Astor für „Time On Earth“ lauter Musiker versammelt, die bei Edwyn Collins, Paul Weller, Everything But The Girl und unvergessenen, wenn auch erfolglosen Bands wie Spearmint, Death In Vegas und Denim gespielt haben. Er hat Songs über Verlust, Einsamkeit und Reue geschrieben, über das Ende von Lebensphasen, über den Glauben, die Abenteuer des Herzens und erfüllte Liebe. Er selbst schreibt ironisch, dass diese Platte – seine elfte seit 1987 – natürlich seine beste sei. Das stimmt vielleicht sogar. Die kregle Orgel erinnert an die Attractions, die Trompete an Dexys, und „Miracle On The High Street“ und „Sixth Form Rock Boys“ lassen an die La’s denken, ja sogar an Paul Simon.
Wenn ihn also ein kundiger Musikjournalist als Songschreiber imaginiert, der in den Siebzigern mit der Wrecking Crew in den Capitol-Studios in Los Angeles aufgenommen hätte, und zugleich als charmanten Folkie, der in den Sechzigern in England in den Clubs aufgetreten wäre, so ist beides wahr. Aber Pete Astor ist doch ein Kind der frühen 80er-Jahre, als Popmusik in England noch einmal als das definierende ästhetische Merkmal gedacht wurde: als Literatur, als Lebensstil, als Stil. „Time On Earth“ ist ein Album, das man ganz und gar, von Anfang bis Ende hören muss. Bis zu „Grey Garden“, „Undertaker“ und „Fine And Dandy“. Es ist dafür gemacht. Früher, ja, früher eine Selbstverständlichkeit!