Duette mit Iggy Pop, Joan Jett und Marilyn Manson pflastern ihren Weg, und das letzte Album „Impeach My Bush“ landete sogar in den US-Charts. Trotzdem fing man an, sich Sorgen um Merrill Beth Nisker alias Peaches zu machen. Das von ihr mitbegründete Genre Electroclash gilt als alter Hut, die provokativ zur Schau gestellte Sexualität hat ihren Schockeffekt verloren, die Gender-Thematik wird vom breiten Publikum ignoriert.

Doch jetzt kommt Peaches mit einem unerwarteten Hammer-Album um die Ecke und stellt gleich im ersten Song „Serpentine“ klar: „I dined and dashed on electroclash, I bat my lash and outlast the backlash/ Fuck that bash that passed so fast, I snatched that cash and rise from the ash.“ Die Musik dazu klingt wie das Klopfen, Dröhnen und Pritzeln, das man im Kopf hört, wenn man den Finger in eine Hochspannungssteckdose steckt. Doch Peaches ist noch nicht fertig mit ihrer Bilanz: „Hair in a mullet, you know you’ve gotta love it/ So sexual and so conceptual, figure me out try to catch a bout/ Of contagious, outrage, courageous, crank out.“

Im großartigen „Lose You“ klingt der Gesang der Frau mit den angeklebten Bärten und den umgeschnallten Dildos überraschenderweise wie Honig, der von einem Silberlöffel tropft. Der Sequenzer-Beat des Disco-Pop-Songs lässt Giorgio Moroder ziemlich alt aussehen, und die wehmütig zarte Melodie ist voller Poesie.

„More“ zeigt dagegen eine erbarmungslose Konsequenz. Mehr Strom bekommt man sonst höchstens noch in einigen amerikanischen Bundesstaaten als Schwerverbrecher verabreicht: „Seems you got a little bit more than you asked for“, heißt es im Refrain. Zusammen der Rapperin Shunda K. von Yo Majesty knallt uns Peaches danach in „Billionaire“ eine Riesenportion dreckigen HipHop in die Fresse: „Fuck you like a billionaire“- selbst wenn du was dagegen hättest, könntest du’s nicht ändern.

Im Titeltrack erzählt die ehemalige Grundschullehrerin dann zu Früh-Neunziger-Techno, dass man Männern manchmal zeigen muss, wo es langgeht: „I know the role I could play/ Guys like you need to be led.“ Die Produktion klingt stark nach Simian Mobile Disco, die an dem Album ebenso mitgearbeitet haben wie Soulwax, Digitalism und Drums Of Death.

Um Peaches muss sich also niemand Sorgen machen. Sie hat die alte Electroclash-Haut ebenso abgestreift wie die Rock-Imitationen der letzten Jahre. „I Feel Cream“ ist Techno vor meterhohen Marshall-Türmen, Booty Music aus Berlin, verführerisch, schmutzig, genial: „Rock you harder than a martyr in a holy war“ – keine Einwände. (XL/Beggars)

Jürgen Ziemer