Passenger :: Whispers
Der introspektive Songwriter lässt sich von seinem Hit nicht irritieren
Ein Teil der Besprechungen des neuen Albums von Passenger wird mit einem Zitat aus „27“ beginnen: „I write songs that come from the heart/ I don’t give a fuck if they get into the charts.“ Weil man ein wenig voyeuristisch ist, möchte man das gern wissen: Wie wird einer, der am liebsten auf der Straße spielt, mit einem Hit wie „Let Her Go“ fertig?
Mit einer Mischung aus Anpassung und Sturheit, sagt Mike Rosenberg. Die Konzerte werden größer, aber auf der Straße kann man doch trotzdem spielen. Die neue Platte wird sich oft verkaufen, aber deshalb kann man sie doch trotzdem im selben kleinen Studio aufnehmen. Einfach weitermachen, das passt zu Rosenberg, dessen neue Songs wieder sanften Songwriter-Folk mit einer gewissen Nähe zur britischen Folklore haben, wegen der Fingerpickings und der seufzenden Fiddle. Das Feierlich-Ländliche wird noch dadurch verstärkt, dass Rosenberg die kanadische Folklore-Band The Once als Background-Chor engagiert hat – es wird wirklich schön gesungen auf „Whispers“. Dazu umspielt ein kleines Streicherensemble die Lieder, die dann tief seufzen und sich wiegen und mit geschlossenen Augen eng umschlungen tanzen.
Es geht einem das Herz auf, so freundlich summt diese Musik – man kann so ein Sentiment per se ablehnen, dann ist man hier nicht richtig. Ansonsten hört man einen Songwriter, der sein Gefühl im Verlauf von nun sechs Alben sehr direkt nach außen zu tragen gelernt hat. „Heart’s On Fire“ folgt Tempo und Spielart besagter Hits, das Lied klingt wie Mumford & Sons in Zeitlupe. „Whispers“ beschreibt einen verzagten Moment, Rosenberg tanzt betrunken auf der Straße, bis in einem mächtigen Crescendo alles aus ihm herausplatzt. Bei dem gedrosseltem Uptempo „Start A Fire“ mischt sich eine Trompete in die Instrumentierung, das Lied entwickelt eine epische Breite. Rosenbergs Themen sind universell traurig, berichten von der Unsicherheit eines Mannes nach dem Ende der Jugend, sind wehmütig und hoffnungsvoll und ganz am Leben. Ein Passagier, ein Reisender.
Jörn Schlüter