Our Broken Garden

„Blind“

Bella Union/PIAS (VÖ: 25.8.)

Dokument einer Lebenskrise: Trauriger Dream-Pop

Zwölf Jahre sind eine Ewigkeit. Anna Brønsted durchlebte eine Krise, die kein Ende nahm. Sie machte keine Musik mehr, konnte den Dingen, die ihr früher Freude bereiteten, nichts mehr abgewinnen. Sie erkannte nur noch die eigenen Gedankenkarusselle, sah nichts mehr außer Dunkelheit. Ihr neues Album heißt „Blind“ – und ist eine Feel-Good-Platte! Just kidding. Piano, Waber-Synths und Spoken-Word-Fragmente läuten die Tour de Force ein. „Das Herz ist ein Muskel, der wie eine Pumpe funktioniert“, werden wir (auf Englisch) informiert. „Du darfst nicht glauben, was deine Gedanken dir sagen.“ Die Sounds sind zaghaft und zerbrechlich, breiten sich in großen Hallräumen aus, werden so verstärkt: das sachte geschlagene Schlagzeug, das touchierte Klavier, der introspektive, brüchige Gesang.

Die Sounds sind zaghaft und zerbrechlich, breiten sich in großen Hallräumen aus, werden so verstärkt

Die besten Songs sind die, in denen der weite Klangraum etwas enger gemacht wird und die Instrumente nicht so viel Platz haben, sich auszubreiten und an Substanz zu verlieren. Toll sind zum Beispiel die Bläser der Single „Fallen“, die das Stück warm und charaktervoll eröffnen. Schade, dass die Strophe aus orientierungslos geflüsterten Sätzen besteht. Der Refrain ist dann wieder catchy: Brønsted reimt „Jesus“ auf „pieces“, wie es nur eine Skandinavierin kann.

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Insgesamt nivelliert die Dream-Pop-Ästhetik die Songs mehr, als dass sie ihre Stimmung verstärkt. Sticht etwas durch die Soße – eine Trompete, eine Schlagzeugnote, ein Wechsel der Tonart –, lebt das Album plötzlich. Brønsted hat die Songs live aufgenommen, mit einer kleinen Band, und wenn man diese Unmittelbarkeit spürt, bei der drängenden Soul-Ballade „Crown“ zum Beispiel, ist die Platte am überzeugendsten. Ergreifend ist auch „Words“ (wieder von Bläsern eröffnet), bei dem Brønsted eine wunderschöne Melodie singt, in der sie  ihre Stimme zuerst auf- und dann absteigen lässt, eine Melodie, in der sich die Traurigkeit des Textes spiegelt: „Now all our dreams have sailed away/ There are no words left to say.“