Oasis

Dig Out Your Soul

Gar nicht schlecht: ein schillerndes Fest der Sixties-Manierismen

Es ist nachgerade seltsam, dass jede Platte von Oasis mit derselben Aufregung erwartet wird wie die ewige Wiederkehr des Weihnachtsmannes. Ausgerechnet hier, in einer Zone der Überraschungsfreiheit und der kleinstmöglichen Schritte auf vergangene Glorie hin und also zurück, verdichten sich die Wünsche einer Generation, die in den ersten beiden Alben eine Identität gefunden hatte. Und seitdem nicht bloß den sogenannten Britpop in dieser Währung misst.

Das Moment der Enttäuschung, seit „Be Here Now“ früher oder später konstitutiv, bleibt bei „Dig Out Tour Soul“ abwesend, ja: Beinahe ist man enttäuscht über das Ausbleiben der Enttäuschung. So schön psychedelisch wabert und orgelt Noels Suite „Bag It Up“, „The Turning“ (mit einer bei „Dear Prudence“ entlehnten Coda), „Waiting For The Rapture“ und „The Shock Of Lightning“ vorüber, mit allen Beatles-Insignien wie „merry-go-round“, „I’m tired“, „revolution in the head“, „love is a time machine“, „magical mystery“, „come in, come out“, Fantasieuniformen, schmelzenden Uhren, rotierenden Schallplatten, flatternden Schmetterlingen, rauschenden Wassern undsoweiter.

Liam hat „I m Outta Time‘ geschrieben, einen Schmachtfetzen mit Streichern und Harrison-gently-weeps-Gitarre als Lennon-Gesamt-Hommage mit einem Auszug aus dem berühmten Interview vom 6. Dezember 1980. Der kleine Bruder gilt ja als Autor nicht viel, aber das hat er schön gemacht. Noels verzerrtes, lasziv schleppendes „(Get Off Your) High Horse Lady“ steht in der Tradition sophistischer britischer Pop-Witze; sein grandios pulsierendes „Falling Down“ ist das beste Stück der Platte, mit Dank an die Chemical Brothers. Den Rest an Raga-Geleier und Allerwelts-Rock teilen sich Andy, Gern und Liam.

Dig it.