Nirvana: „Nevermind“ – 30th Anniversary Edition
Der Grunge-Klassiker in der 30th Anniversary Edition
Kurt Cobain hatte schnell verstanden. Sein Hit „Smells Like Teen Spirit“ war noch kein ganzes Jahr alt, als er entschied, die Grunge-Hymne lächerlich machen zu müssen, weil er fürchtete, selbst lächerlich zu erscheinen, wenn er bei der Präsentation des Songs weiterhin ernst bleiben würde. Spätestens als die Eltern beim Chorus mit „Here we are now, entertain us“ einstimmten, wollte der Nirvana-Sänger nicht mehr die „Stimme einer Jugendgeneration“ sein. Live sang er den Boston-Hit „More Than A Feeling“ über die „Smells“Akkorde und spielte schrecklich schiefe Soli, die schon vor dreißig Jahren den „Shredded“-Trend auf YouTube – Fake-Videos, die Bands bei vermeintlich misslungenen Konzerten zeigen – vorwegnahmen.
Insofern zeigt diese Deluxe-Edition, vor allem durch die beigefügte „Live In Amsterdam“-Blu-ray, einen noch frei von Zynismus dargebotenen Furor. Beim November-Gig im Paradiso glaubte Cobain noch, er spiele seine Song nur für eine kleine Gemeinde, auch wenn die Single „Smells Like Teen Spirit“ bereits die weltweiten Ranglisten erklomm. Im November 1991 stand „Nevermind“ aber noch längst nicht auf der Eins in den „Billboard“-Charts. Die Nirvana-Bühne war kahl, es gab keine Deko aus Frauenstatuen mit offenem Torso und Flügeln wie später bei der „In Utero“-Konzertreise. Kein Cobain, der sich wie ein Showman im Rollstuhl auf die Bühne schieben ließ, und auch kein zweiter Gitarrist Pat Smear, der ihm einen Teil der Arbeit abnehmen sollte. Boston und „More than a Feeling“ waren da noch weit weg.
Für Archivgräber ist das 2011 veröffentlichte „20th Anniversary“-Set lohnender, weil es die Demos zu jenen zwölf „Nevermind“-Songs enthält, die heute allesamt in den heiligen Hallen des Alternative-Rock stehen. Dieses Set wiederum enthält vier Konzerte, das jüngste datiert auf Februar 1992. Es spricht nichts dagegen, „Breed“ in vier gleichen Fassungen zu hören, aus Tokio, Del Mar, Melbourne und Amsterdam. Und ein „Smells Like Teen Spirit“, das noch so gespielt wird, wie es auf Platte erschien. (Universal)