Nina Hagen

Freud Euch

Sony

Freud ist ein gutes Stichwort Er hätte bei Nina Hagen eine Menge zu tun. Sie war immer, und daran hat sich selbst am wenigsten Zweifel gelassen, nicht ganz dicht. Eine schrillere Antithese zu Vernunft und Disziplin konnte man sich kaum denken. So wurde sie einer der wenigen wirklichen deutschen Popstars, mit Ambitionen zum Gesamdcunstwerk. Die hyperaktive und manische Nina Hagen findet man überall dort, wo die Gesetze des sogenannten „gesunden Menschenverstandes“ nicht mehr gelten: In höheren hinduistischen Spähren und in Ufos, bei den MTV Awards und in der Werbung für „Bild“. „Ich will nicht so sein wie Elvis Presley, ich will kein fettes Arschloch sein“, singt sie im ersten Song dieser verheerenden Platte. Behäbig ist sie nicht geworden. Aber man wird den Eindruck nicht los, daß der letzte Rest künstlerischer Substanz in einem schwarzen Loch verschwunden ist Vielleicht wollte sie mit dieser Platte wieder kommerzieller sein als zuletzt und Teile des Deutschrock-Publikums zurückgewinnen. Die Verpflichtung von Ralf „Lucilectric“ Goldkind als Produzent spricht jedenfalls dafür. Das erklärt aber nicht, warum die Songs so rasend schlecht sind. Nina Hagen schnattert, höhnt und trällert auf dem Niveau eines Schülerwettbewerbs für Rockmusik herum. Kurze Ausschnitte aus der Pennäler-Lyrik, die uns hier zugemutet wird: „Tiere würden sowas niemals tun/ Darum nenn mich nie mehr dummes Huhn/ Heilig ist die Kuh, laß sie in Ruh’/ Tiere sind nicht so gemein wie „du…“ (aus „Tiere“) „Gloria Hallelujah Amen/ Da kommt er ja der Samen/ Die Gebärmutter ruft: Hallo hier bin ich, komm doch rein“ (aus „Gloria Hallelujah Amen“).

Dazu hat Nina Hagen einfallslose Stampfrock-Musik geschrieben, aus denen Goldkind einfallslose Bubblegum-Musik gemacht hat. Ist das schon Mucke für Marsmenschen? Denkt Frau Hagen überhaupt nicht mehr an ein irdisches Publikum? Vielleicht hat irgendeine fremde Spezies ja genug Sinn für Camp, um so etwas auszuhalten. Ich als Erdung dagegen muß ausnahmsweise Wolf Biermann Recht geben, der über Nina Hagen gesagt hat: „Nina wird von den Musen verfolgt, aber sie läuft immer wieder vor ihnen weg.“ Und ist entwischt.