New Order
Get Ready
Warner
Erstaunlich gelungenes Comeback samt Billy Corgan und alter Kraft.
Aus ROLLING STONE 10/2001
Ein ätherisches Piano-Thema, ein sphärisches Wehen, dazu ein paar schwelgerisch gesungene Töne – dann ist man mittendrin. Mittendrin in dem ersten regulären Album von New Order seit 1993, mittendrin in einem hymnischen Rausch aus karger Elektronik und klassisch entworfenen Wave-Gitarren und mittendrin in einer Zeitreise, die unfassbar unbeeindruckt von bald einer ganzen Dekade die alte Hypnose schafft. „We’re like crystal“, singt Sumner zusammen mit Tastenfrau Gillian Gilbert, und in den wenigen Worten schwingt das ganze existentialistische Pathos mit, das Joy Division bzw. New Order einst auf den Weg brachte.
Erfreulich uneitel, wie Sumner, Hook, Morris und Gilbert den alten Stärken vertrauen, die Neuerung auf die schon früher ins Repertoire geladene, achtsam integrierte Club-Asthetik beschränken und die Akkorde mit jener Naivität reihen, die damals in den Achtzigern einer ganzen Szene die harmonische Architektur stiftete.
Die größte Überraschung auf ,,Get Ready“ liegt auf der Hand: The man who smashedthepumpkin, Billy Corgan, sonst eigentlich nur von sich selbst hingerissen, bot seinen alten Idolen im Vorfeld der Produktion zu New Orders siebter Platte die Mitarbeit an, wollte gern ganz eintauchen in den musikalischen Kosmos, von dem aus einst seine eigene künstlerische Reise begann. „Turn My Way“ heißt das Lied, bei dem man Corgan singen hört, und siehe da: Im direkten Miteinander mit Sumner wird die musikalische Inspiration des Herrn Corgan für einen kurzen Moment sichtbar wie nie zuvor – allerdings auch sein Charisma, das „Turn My Way“ zu dem vielleicht schönsten Lied auf „Get Ready“ macht.
Bei dem Big-Beat-Rocker „Rock The Shag“ spielen Gillespie und Innes von Primal Scream mit, das ist nicht ganz so gut und wirkt ein bisschen beliebig, wie im Übrigen immer, wenn New Order ihre spröde Sehnsucht mit allzu zweidimensionalem Rockismus eintauschen. Viel öfter aber stimmt die Emphase, wie bei dem toll monoton schreddernden „Slow Jam“ oder dem großartig Klangmodernismen und Wave-Sentiment vermengenden „Primitive Notion“.
Selten hat Nostalgie so geleuchtet.