Naked Lunch
All Is Fever
Tapete
Auf dem neuen Album von Naked Lunch hört man die ganzen Jahre: die des Kämpfens, die des Weitermachens, die des In-die-Musik-verliebt-Seins. Die Österreicher haben allerlei erlebt und sich vor einigen Jahren erfolgreich am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen – seither können sie überall hin. Am Anfang steht „Keep It Hardcore“, ein Fünfeinhalbminutenepos aus Britpop und Wave Rock, das sich aus einem dunklen Riff in den Himmel erhebt. „Keep it hardcore/ Keep it real/ (…) Like a hammer/ Like a bullet/ Like a bomb“, singt Oliver Welter und bringt damit wohl das Selbstverständnis der Band auf den Punkt. Das folgende „The Sun“ ist gleichzeitig britische Tristesse und Spaghettiwesternmusik mit Röhrenglocken, Pauken und barmenden Geigen. Große Gefühle, die „At The Lovecourt“ weiterführt: Das langsam trottende, in Goth und Indie-Rock getauchte Lied klingt wie das feierliche Ende eines bewegenden Films. Dann ist man mittendrin im Album. Der dunkle Schunkler „Shine On“ führt in die Tiefe, Naked Lunch evozieren Blur und die Beatles und was nicht alles. Ab hier geht es weiter hinein in die Stille – mit drei, vier Liedern, die allein für ihre abenteuerlustigen Klänge und ungewöhnlichen Arrangements Applaus verdienen. Am Ende steht „The Funeral“, bei dem Welters zu Harmonium und Geigen sonderbar beiläufig ein Lied vom Tod singt. Synthies auf Kristallbergen, Schlagzeuge in Tropfsteinhöhlen, Lieder wie schöne Fieberträume: Die Integrität dieser Kompositionen und die souveräne Produktion von Bassist Herwig Zamernik sind außerordentlich.