My Brightest Diamond
A Thousand Shark’s Teeth
Einmal gibt es doch einen Moment auf dem Album, in dem sich die E-Gitarre gegen die feindliche Übernahme wehrt, gegen die Vereinnahmung des Popdiskurses durch den Impressionismus mit den Mittel des klassischen Orchester-Inventars: Am Ende von „To Pluto’s Moon“ erobert eine schrammelnde E-Gitarre trotzig den Raum zurück, den zuvor die Harfe und die Geigen in dieser filigranen Mondscheinsonate für sich in Anspruch genommen haben.
Doch das konventionelle Rockzubehör taugt in den Songs auf „A Thousand Shark’s Teeth“ bestenfalls noch als Zierrat. Viel zu grob erscheint es für die anmutigen Lieder, in denen Shara Worden alias My Brightest Diamond immer wieder in die Tiefe des Himmels blickt, um mit ihrer umwerfend klaren Stimme von der Schönheit, die eigentlich für immer bleiben sollte, zu singen, oder vom Schmerz des Abschiednehmens.
Tausend Sterne entdeckt sie im psychedelisch anmutenden „Inside A Boy“ hinter den Augen eines Jungen. Ins Weltall sehnt sie sich auch in „Bass Player“, das verführerisch-traurig die Melodien einer mondsüchtigen Oboe und ihres Streichquartetts verschränkt. Atemberaubend sind die impressionistischen Instrumentierungen und die Arrangements auf dem von Husky Höskuld (Tom Waits, Elvis Costello) produzierten „A Thousand Shark’s Teeth“ immer wieder. So auch im asiatisch dekorierten „Goodbye Forever“, in dem Worden von der Angst der Entblößung und von den Zähnen von tausend Haien träumt. Und wenn sie am Ende „come closer to me“ fordert, kommt sie einem mit ihrer Stimme tatsächlich näher und näher.
In großartigen Popsuiten wie dieser offenbart sich das gleiche Kunstverständnis, das die Musik von Joanna Newsom, Rufus Wainwright oder Sufjan Stevens (mit dem sie früher zusammen aufgetreten ist) auszeichnet. Ob sie in „The Ice & The Storm“ rhapsodisch gegen einen meditativen Loop ansingtoder sich in „If I Were Queen“ vom Piccicato des Streichquartetts treiben lässt – stets entführt Shara Worden einen mit ihrer operngeschulten Stimme in fremde Welten. Während sie bei „Like A Sieve“ an Björk erinnert, borgt sie sich bei „Apples“ die Phrasierung beim Jazz, konfrontiert hektische Beats mit dem Legato ihrer Stimme.
Durch ein verwirrendes Universum irrt sie in „From The Top Of The World“. Das dramatische „Black & Costaud“ entwickelt sich mit seinen Holzbläser-Arabesken zur Beschwörungsformel. „The Brightest Diamond“ schließlich wagt sich von E-Klavier und Harfe begleitet mit schlafwandlerischer Sicherheit ins grelle Licht. (Asthmatic Kitty)