Mountain Goats

Es gibt diesseits von John Prine unter den amerikanischen Songwritern keinen besseren Storyteller als John Darnielle. Sein unbestrittenes Meisterwerk: „All Hail West Texas“ aus dem Jahr 2002, ein mit einem Panasonic-Kassettenrekorder aufgenommenes Lo-Fi-Album über, wie es auf dem Cover heißt, „sieben Menschen, zwei Häuser, ein Motorrad und eine geschlossene Einrichtung für adoleszente Jungs“, das mit dem Klassiker „The Best Ever Death Metal Band In Denton“ beginnt. Jenny, die im gleichnamigen Song auf einer Kawasaki vorgefahren kommt und im Verlauf des Albums noch einmal als Absenderin mehrerer Postkarten auftaucht, kehrte zehn Jahre später auf „Transcendental Youth“ zurück – „Jenny calls from Montana/ She’s only passing through“, hieß es da – und schien für Darnielle eher eine Chiffre für die romantisierte Erinnerung seiner Erzähler zu sein als eine Figur mit einer eigenen Geschichte.

Auf „Jenny From Thebes“ berichtet Darnielle nun tatsächlich aus ihrem Leben

Doch auf „Jenny From Thebes“ berichtet Darnielle nun tatsächlich aus ihrem Leben. Dass das Album die antike ägyptische Stadt im Titel führt, deutet – wie auch das Cover mit einem Zitat aus dem Aischylos-Stück „Sieben gegen Theben“ („Heimführen will ich diesen Mann, die Vaterstadt/ Soll er besitzen und des Vaterhauses Macht“) – auf den mythischen Charakter seiner Erzählung hin, die irgendwann Mitte der Achtziger beginnt und auch so klingt. Der poppige New Wave der Cars und das Drama von Jim Steinman dienten der Produzentin Trina Shoemaker als Referenz für den Klang des Albums. Im ersten Song, „Clean Slate“, landen wir zu tänzelndem Klavier, sirrenden Streichern und zackigen Bläsern in Jennys Ranch in West Texas, wo die unterschiedlichsten Leute Zuflucht finden.

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Doch eine geheimnisvolle Vorsehung treibt sie in den folgenden Songs fort … aufs Meer hinaus. „Jenny From Thebes“ ist eine Rockoper im Geiste der griechischen, aber auch der amerikanischen Mythologie, ist zugleich die „Odyssee“ und „Easy Rider“. „I wish the West Texas Highway was a Möbius strip/ I could drive it forever“, sang Darnielle 2002. Zwei  Jahrzehnte später erzählt er immer noch davon, und wir hören gebannt zu.