Mike Batt
„Schizophonia“
Seit 28 Jahren rettet er in Deutschland, Österreich und der Schweiz den Samstagabend- und kaum einer weiß es: Mike Batt komponierte die Titelmelodie für die Fernseh-Show „Wetten, dass…?“, auf die stets die Begrüßung durch Thomas Gottschalk und dessen verkrampft ausgedachte Bonmots folgen. Ein unschätzbar kostbarer Beitrag zum deutschen Kulturleben also, den der Engländer nebenbei lieferte. Auch schrieb Batt den Song „Bright Eyes„, mit dem Art Garfunkel 1978 jeden Tag 60 000 Singles verkaufte.
Schon früh war Batt begabt wie Andrew Lloyd-Webber (für den er später „Das Phantom der Oper“ arrangierte) und deshalb als Fernsehmusiker- mit den Wombles- unterfordert. Erst 1977, ausgerechnet, nahm er „Schizophonia“ auf, so ziemlich das Letzte, was junge Menschen im Punk hören wollten. Doch der pfiffig montierte Klassik- und Arabien-Rock-Schwulst, damals noch nicht an jeder Ecke zu hören, lief eben so gut wie die Platten von Genesis: die „Moldau“, gespielt von betrunkenen Beduinen. Woraufhin Batt 1979 „Tarot Suite“ (**1/2) nachlegte, ein beinahe noch verblaseneres Album. Roger Chapman und Colin Blunstone singen, Rory Gallagher spielt ein Gitarren-Solo, und Batt hat keine Mühe damit, Bartok und Stravinsky mit seinem Schaffen in Verbindung zu bringen.
1980 wäre Mike Batt mit „Waves“ (**1/2) beinahe Phil Collins geworden: „The Winds Of Change“, fraglos die Inspiration zu der späteren Scorpions-Schnulze, läuft seitdem im Radio, ohne dass jemand dieses Soufflé, ja Windei von einem Lied je zuordnen könnte. „Portishead Radio“, eine aufgekratzte Pop-Nummer, erscheint heute als Prophetie, da die englische Stadt durch die Band berühmt geworden ist.
Stolz auf sein Mischpult mit 48 Spuren, klöppelt und trötet Batt durch „Conga Reel“ und schäkert durch „Buenos Dias, Capitano“, einen Karibik-Klamauk, der Kid Creole wie Duke Ellington wirken lässt. 1981 nahm er „Six Days In Berlin“ (**): Die sechs Stücke nummerierte er von 1 bis 6, engagierte das Berlin Opera Orchestra und einen exzellenten deutschen Trommler namens „Kurt Cress“ und ließ es fiedeln und dröhnen. Das große Publikum vergraulte Batt damit für immer. Die späteren Alben „Songs Of Love & War“ (1989, *1/2) und „Arabesque“ (1995, *) sind leider nur noch prätentiöser Kitsch.
Je zwei Alben der „Archive Series“ von Mike Batt erscheinen als Doppel-CD, was schlimm genug ist. Vor allem aber wurden die Cover verändert, indem die Album-Titel in einheitlicher Typografie appliziert wurden, vom Rest der Gestaltung ganz zu schweigen. Das zweite Cover wurde auf die Rückseite verbannt, „Full track lists for both CDs“ darüber geschrieben. Banausentum. (dramatico)
Arne Willander