Michael Mann / Meg Gardiner : „Heat 2“ – erneut ein perfekt konstruiertes Drama
Mit seiner – zum Glück schnörkellos betitelten – Fortsetzung als Roman gelingt Mann und Co-Autorin Gardiner das unwahrscheinliche Kunststück einer Vertiefung der Charaktere
Meisterhaft beschrieb Michael Manns „Heat“ das Faszinosum einer Co-Abhängigkeit von Cop und Criminal, die Janusköpfigkeit von Gesetzeshüter und Gesetzlosem, der Kampf um Anerkennung durch die andere Seite. Der Einfluss des 1995er-Films ist bis heute spürbar, Christopher Nolan bezeichnet den Neo-Noir-Thriller als maßgeblich für das Katz-und-Maus-Spiel von Batman und Joker in „The Dark Knight“. Manns Inszenierung war – abgesehen von dem in die Action-Geschichte eingegangenen Schusswechsel nach missglücktem Bankraub – derart subtil, dass Officer Hannas Kokainsucht weder gezeigt, geschweige denn erwähnt werden musste, um permanent spürbar zu sein.
Mit seiner – zum Glück schnörkellos betitelten – Fortsetzung als Roman gelingt Mann und Co-Autorin Gardiner das unwahrscheinliche Kunststück einer Vertiefung der Charaktere, obwohl „Heat 2“ exotische Ablenkung bietet, sich die Schauplätze des Verbrechens auch auf Kartelle in Paraguay, Mexiko und Singapur verlagern. In drei Zeitlinien zwischen 1988 und 2000 kreuzen sich erneut die Wege von Vincent Hanna, seinem Antagonisten Neil McCauley und dem in „Heat“ einzigen Überlebenden der Bande, Chris Shiherlis. Alle drei leiden unter gescheiterten Ehen, alle drei lassen die Hoffnung auf ein Familienidyll nicht fahren, obwohl sie wissen, dass ihre Bestimmung der Straßenkampf ist.
Beim Lesen tauchen die Gesichter sofort wieder auf: Pacino als Hanna, de Niro als McCauley, der heimliche „Heat“-Held Val Kilmer als Chris, dessen Leben damals noch nicht so verdorben war. Sie sind Antihelden, die aus Rache und Demütigung morden. Und doch vergibt man ihnen, weil sie nicht anders können – perfekt konstruierte Drama-Figuren.
Michael Mann, 79, will das 700-Seiten-Epos verfilmen. Nicht als Serie, wie es heutzutage naheliegend wäre, sondern als Film. Ihm ist dafür nur das Beste zu wünschen. Tatsächlich ist „Heat 2“ derart überwältigend, dass ein weiterer Wunsch entsteht: Dass Mann für den 1995er-Film noch eine Novelization verfasst (Harper Collins).