Michael Chapman

50

Der mysteriöseste unter den großen Songwriter-Gitarristen des britischen Folk arrangiert einige seiner Perlen radikal um

Die Liste der in den Sechzigern aus dem britischen Folk hervorgegangenen Songwriter, die zudem brillante Gitarristen waren bzw. sind, ist lang. Michael Chapman ist unter ihnen der vielleicht am wenigsten bekannte und mysteriöseste, was wohl daran liegt, dass der eigene Mythos ihn nie eingeholt hat. Dafür ist sein umfangreiches Werk auch zu wild gewachsen, fehlt es vielleicht an kanonischen Alben. In den vergangenen Jahren haben Vertreter des längst etablierten guten alten US-Underground wie Thurston Moore oder die No Neck Blues Band den Mann aus Leeds für sich entdeckt.

Nun hat er zu seinem 76. Geburtstag mit einigen von ihnen ein Album aufgenommen, das tatsächlich, wie der Titel es nahelegt, ungefähr sein 50. sein könnte. Produziert hat ein jüngerer Gitarrenheld: Steve Gunn. Zwei der acht Songs auf „50“ sind neu, die anderen radikal umarrangierte Perlen aus den vergangenen gut 20 Jahren (einer der beiden digitalen Bonustracks – auf der CD-Version enthalten, in der LP-Version über einen Code downloadbar – ist ebenfalls ein neues Stück).

Klasse auf der Akustischen

„A Spanish Incident (Ramón and Durango)“, im Orignal von 2005, eröffnet robust mit Chapmans humorlos trockenem Anschlag seiner Akustischen, bevor er seine knorrige Stimme erhebt. Die Band kontert gar lieblich mit Banjo (Nathan Bowles) und Klavier (James Elkington), und Gunn, der auch die Harmonien singt, fügt gegen Ende noch einige E‑Gitarren-Arabesken hinzu. Das neue „Sometimes You Just Drive“ gerät durch Harmonien von Bridget St John und Synthesizer von ­Jimy SeiTang geradezu leicht und scheint beinahe abzuheben, was nur legitim wäre, schließlich fand David Bowie den Gitarristen für seine Weltraumabenteuer, Mick Ronson, damals auf dem superben zweiten Chapman-Album, „Fully Qualified Survivor“. Mit „The Mallard“ zeigt Chapman (wieder begleitet von St John) erstmals ganz zart seine Klasse auf der Akustischen, „Memphis In Winter“ ist dann vin­tage Chapman mit herrlichen psychedelischen Verzierungen von Gunn, der anschließend auf „The Prospector“ die Hauptrolle übernimmt.

Das wehmütige, countryeske „Falling From Grace“ ist mit viel Hall auf Klavier und Steelgitarre herrlich atmosphärisch, das beschwingte „Money Trouble“ klingt wie ein „Basement Tapes“-Outtake.

„That Time Of Night“ schließt das Album vor den beiden digitalen Zugaben mit großer Lässigkeit: „Take me for what I am or not at all“, knarzt Chapman. Niemand würde ihn ändern wollen. (Paradise Of ­Bachelors/Cargo)