Merry Clayton :: Merry Clayton
Die weithin vergessene Soul-Sängerin aus den 70er-Jahren
So einfach, wie sich Erfolgsproduzent Lou Adler das dachte, war die Sache auch im Fall von Carole King nicht gewesen. Die hatte er – solo – für sein neues Label Ode Records unter Vertrag genommen, weil er sicher davon ausging, dass jemand nach so vielen unwiderstehlichen Ohrwürmern jederzeit für ein Hit-Album gut sein müsse. Das wurde „Writer“ nicht.
Als er die Gospel-Soul-Sängerin Merry Clayton vor einer großen Solo-Karriere wähnte, weil die kürzlich als Back-up-Sängerin bei der post production der Rolling-Stones-Aufnahme von „Gimme Shelter“ eine brillante Vorstellung gegeben hatte, ließ er sich nicht lumpen. Für deren Debüt-LP verpflichtete er höchst renommierte Session-Cracks (Victor Feldman, Joe Sample, David T. Walker, Billy Preston) und sorgte für absolut professionelle Rahmenbedingungen (Tonmeister war der bei Joni Mitchells „Ladies Of The Canyon“ sehr angenehm auffällig gewordene Henry Lewy). Die Auswahl der Vorlagen war so übel nicht – „Bridge Over Troubled Water“ bot sich für Gospel-Deutung ideal an, mit anderen (von Van Morrison, James Taylor und Doors, kuriosen wie „Forget It I Got It“ von Spooky Tooth, eigenen gediegenen wie dem mit Billy Preston geschriebenen „I Ain’t Gonna Worry My Life Away“-Blues) wollte Adler sie zur neuen Aretha Franklin aufbauen. Das Problem war nur: Er hatte nie kapiert, wie ökonomisch zurückgenommen Jerry Wexler die Muscle-Shoals-Session seiner neuesten „Klientin“ produziert, ganz ihr sängerisches Können ins Zentrum gerückt hatte.
Mit den vielen unnötigen GospeIchören und Streichern im Hintergrund sind dagegen zu viele Aufnahmen der Debüt-LP von Merry Clayton in den Arrangements unsinnig überladen und ein klassischer Fall von overproduced. Beim Titelsong lenken die ganzen Bläser nicht nur von der Darbietung der Sängerin ab, die Stimme wird im Mix beinahe begraben. Kein Vergleich zu dem, was sie an ekstatischem Vortrag beim Stones-Klassiker geboten hatte.
Das im Kleingedruckten zu „Gimme Shelter“ (++¿) zu lesende „Produced by Lou Adler with considerable help from Merry’s husband Curtis Amy“ bedeutete, dass man letzterem vorsichtshalber eine beträchtliche Mitschuld aufhalste. Ihre Single gleichen Titels brachte es denn auch nur in die unteren Ränge (genauer: auf Platz 73) der Hitparade.
Es war eine weise Entscheidung, beim zweiten Album auf den ganzen unnützen Ballast zu verzichten. Bei Songs von Carole King, Bill Withers, Leon Russell, Neil Young und James Taylor schwang sich die Sängerin endlich zu den schon zuvor erwarteten eindrucksvolleren Deutungen auf. Beim Evergreen „A Song For You“ demonstrierte sie sogar ihre ganze Klasse. Jetzt war etwa bei „Steamroller“ der Vergleich mit Aretha gar nicht mehr abwegig, nicht zuletzt auch deswegen, weil der (wie „Grandma’s Hands“ und andere) einfach fabelhaft arrangiert ist. Mit ihrer Interpretation von Neil Youngs „Southern Man“ empfahl sie sich nebenbei auch als Back-up-Sängerin für Lynyrd Skynyrds „Sweet Home Alabama“. (Repertoire) Franz Schöler
Hannover Fun, Fun, Fun – Live 1980 ++¿
Die damalige Punk-Szene von Hannover, knapp vor der NDW
Hannover ist nun nicht gerade bekannt als Schmelztiegel für subversive Kunst und Musik, doch im Jahr 1978 kristallisierte sich eine Szene junger Bands heraus, die der britischen Punk-Generation nacheiferte. Ob englisch oder deutsch gesungen werden sollte, darüber konnte man sich noch nicht so recht einigen, wie schon die Bandnamen beweisen. Der In-die-Fresse-Gestus von Rotzkotz, Cretins und Schwannskann’s steht in krassem Gegensatz zu subtileren Stücken wie „39 Explosion Heats“ von The 39 Clocks. Und wie in der Provinz bot das Jugendzentrum ein erstes Forum für ein Minifestival: Die Helden hießen Hans-A-Plast, Blitzkrieg und Schleim. Das Tonband lief mit, konnte den Radau jedoch nicht in gebührender Klangqualität bannen. Trotzdem kamen bereits 200 Leute.
Im Jahr darauf explodierte die Szene. Aus finanziellen und materiellen Nöten entstand eine Initiative unter dem Namen „Die Zukunft hat keinen Namen“, die mehrere Punkveranstaltungen organisierte, darunter auch jenes jetzt auf CD erschienene Zeitdokument. Finanziert wurden die Aufnahmen damals aus den Einnahmen des zweitägigen Festivals.