Max Herre
Ein geschenkter Tag
Leider etwas steif: Der einstige Rapper wird zum Songwriter
Die Pose auf dem Cover ist typisch Westernhagen: Mann mit Hut, Affentheater, selbststilisierter „Querdenker“. Irgendwie hatte Max Herre ja schon im Rahmen des Stuttgarter HipHop-Soul-Kollektivs Freundeskreis gewisse egomanische Attitüden: stets Primus inter pares, Kopf, Vordenker – ob das gerechtfertigt war, ist schwer zu sagen. Bessere Rapper gab und gibt es in Deutschland auf jeden Fall. Doch mit „Ein geschenkter Tag“ öffnet der Berliner Schwabe nun ohnehin ein neues Kapitel. Viel konsequenter als auf seinem vor fünf Jahren erschienenen Solodebüt inszeniert sich Max Herre nun als Singer und Songwriter.
Zwischen den Vorbildern Bob Marley, Bob Dylan, Marvin Gaye und Udo Lindenberg hat er sich eine pfiffige Nische ausgebaut. So kann man als ehemaliger HipHopper altern, mit gediegenen, sicher nicht billigen Arrangements, die im Idealfall so gekonnt klingen wie das traumverloren treibende „Staub“. Saubere Sache, wenn man bedenkt, dass wir hier in Deutschland sind und nicht in den Detroiter Hitsville-Studios von 1971. Es klingt nur halt eben alles sehr bieder und einstudiert. Der Titelsong bedient sich tüchtig bei Dylan und anderen US-Songschmieden; „Baby Mama Rag“ bringt Kinderzimmer-Ragtime nahe der Selbstparodie, „Er-sagt-Siesagt“ imitiert das typische Neil-Young-Guitar-Strumming; „Der Teufel & der Traum“ ist der Versuch eines kryptischen, wohl vage gesellschaftskritisch gemeinten Blues. Alles ordentlich gemacht – aber braucht man das? Völlig überflüssig ist in jedem Fall die Coverversion von Lindenbergs „Wir wollen doch einfach nur zusammen sein“. Der Plagiator erreicht nicht mal ansatzweise die wunderbare Lakonie und Selbstverständlichkeit des großen Nuschlers.
Herres Problem: Er hat keinen Humor und ist zu steif für seine Ambitionen. Wie Westernhagen, übrigens. Max Herre mag auf den Schultern von Riesen stehen, doch seltsamerweise ist er dadurch keinen Zentimeter gewachsen. Seine poetischen Formeln berühren nicht, seine Melodien bleiben nicht hängen, eine Dringlichkeit ist nicht zu spüren. Was bleibt, ist solide Qualitätsarbeit made in Germany. Nicht mehr. (four)