Für Sänger ist das Alter oft eine schlimme Sache: Die Stimme verändert sich, bleibt irgendwann womöglich ganz weg. Johnny Cash hat daraus eine Tugend gemacht und sich mithilfe von Rick Rubin in eine knorrige alte Eiche verwandelt, deren Lebensweisheit bis zuletzt gefeiert wurde. Für Frauen ist es naturgemäß schwieriger; von ihnen erwartet man eher einen ewig blühenden Rosenstrauch.

Mavis Staples hat sich glücklicherweise nie in ein Mädchenschema pressen lassen. Schon bei den Staple Singers klang die Stimme der Bürgerrechtsaktivistin streitlustig und rau. Die Alben, die von ihr seit 2007 bei Anti erschienen sind, orientierten sich klugerweise am Erfolgsrezept von Johnny Cash. Eines von ihnen hat Ry Cooder produziert, die letzten beiden Jeff Tweedy. Vor allem „You Are Not Alone“ war ein Meisterwerk von epischer Qualität.
„Livin’ On A High Note“ wurde von M. Ward produziert, bekannt vor allem durch das Popduo She & Him, der Gitarrist steht aber auch in der Tradition von John Fahey. Herausgekommen ist ein überraschend saftiges Southern-Soul-Album, ausgelassen und tanzbar, aber auch tough und altersweise. Die Stimme der 76-Jährigen ist noch immer erstaunlich wandelbar.

Die angenehm raue Ballade „Dedicated“ transportiert Schmerz und Trauer über das Ende einer langjährigen Liebe so glaubhaft, dass es einem als Hörer fast die Kehle zuschnürt. Der nur auf der Gitarre begleitete „MLK Song“ klingt, als hätte der Produzent hier persönlich in die Saiten gegriffen. Einen der Songs hat er auch geschrieben, ebenso wie Justin Vernon, Neko Case, Ben Harper, Aloe Blacc, Nick Cave und viele andere. Leider verraten die Credits nicht, von wem die zwölf Stücke im Einzelnen stammen. Doch die Herkunft des Materials ist letztlich egal – aufregend ist, was Mavis Staples da­raus macht. Wie sie uns mit „Take Us Back“ noch einmal mitnimmt auf eine Reise in ihre große Vergangenheit und zu „all the people who love me“. Mit „Livin’ On A High Note“ dürften es noch ein paar Fans mehr werden.