Martin Gessmann :: Mit Nietzsche im Stadion
Seit die Geisteswissenschaften sich für Fußball interessieren, wissen wir, dass uns beim Blick aufs Spielfeld zugleich die Kybernetik unserer Gesellschaft vorgeführt wird. Wir sehen, wie sich in der Interaktion der Spieler Strukturen abzeichnen und ein Wettbewerb entsteht. Der Ästhetikprofessor Martin Gessmann erklärt nun in seinem spannenden Essay, wie es dazu kam, dass Fußball von einem traditionsbewussten, von Mythen durchdrungenen Spiel zu einer „Institution der Moderne“ wurde. Ende der Sechziger, so schreibt er, trat das Spiel in die Neuzeit ein. Durch Professionalisierung nahmen wirtschaftliche, wissenschaftliche und mediale Faktoren Einfluss auf den Sport, was zur Ausbildung dreier Spielsysteme führte: dem liberalen Manschaftsmodell, bei dem einzig die Abwehr unfrei ist, der republikanischen Spielweise, die jeden Spieler in den Dienst des großen Ganzen stellte, und das ästhetische Spiel mit anti-bürgerlichem Hang zum Risiko. (Wilhelm Fink, 16,90 Euro)