LP
„Love Lines“ – Tanzstunde
BMG (VÖ: 29.9.)
Das Kind in Laura Pergolizzi muss eine Heimat finden.
Let me go high/ I wanna float, I wanna fly/ My inner child/ I only need it to survive.“ Zu einer unternehmungslustigen Schrammelgitarre, einem hibbeligen Beat und einem Refrain, dem es gelingt, zugleich putzig und pathetisch zu klingen, liefert „Wild“ den Soundtrack zu all den Selbstfindungsbüchern, die uns weismachen wollen, dass wir, wenn wir uns nach Liebe sehnen, erst einmal zu uns selbst finden und lernen müssen, uns selbst zu lieben und das Kind in uns freizulassen. „Love Lines“, das siebte Studioalbum von LP, ist ein Fest der Selbstbesinnung und provoziert Vergleiche mit Sam Smiths aktuellem Werk „Gloria“.
Die auf Hochglanz polierten Songs eignen sich wunderbar für die nächste Tanzstunde
Obwohl Smiths Songs eher mit R&B und Soul aufgeladen sind, während LPs Songs wie moderne Versionen klassischer Popsongs klingen, verbindet die beiden neben der Ich-entdecke-mein-besseres-Ich-Prosa, dass sie sich als divers verstehen, ihre Songs mit unverwechselbar außergewöhnlichen Stimmen verzieren und dass fast jeder Song auf ihren Alben zum Hit taugt. Das gilt für „Wild“ ebenso wie für „Golden“, mit dem LP das Album eröffnet: ein Trennungslied, das mit einer Flamenco-Gitarre aus zwei Akkorden und einer gescheiterten Beziehung das Beste macht. „We are golden/ We’re not broken“, lautet das Fazit. Hitpotenzial haben aber auch die Nummer „One Like You“, die ein bisschen wie ein Ronettes-Update daherkommt, oder die Ballade „Blow“, die nah am Kitsch vorbeischrammt.
Sosehr LPs Stimme fasziniert, vor allem bei mit Streichern zugekleisterten Balladen wie „Long Goodbye“, klingt sie, wenn extraviel Pathos und Vibrato dazukommt, dann aber doch nach Celine Dion auf Helium, nach einem neuen Streich von Alvin And The Chipmunks. Dafür eignen sich die auf Hochglanz polierten Songs von „Love Lines“ aber auch wunderbar für die nächste Tanzstunde: Zu „Dayglow“ kann man den Foxtrott üben, zum Titelsong darf man sich im Walzertakt hin und her wiegen. Und Fortgeschrittene können bei „Hola“ Rumba tanzend zu sich selbst finden, während LP singt: „You’re a gold mine/ I just want to watch you shine.“