Low
A Lifetime Of Temporary Relief
Die Langsamkeits-Magier aus Duluth mit einer Box zum Zehnjährigen
Müsste ich zwischen all den Platten dieser Gruppe, von der man immer wieder sagen muss, dass sie aus Duluth, Minnesota kommt und dass das Ehepaar Sparhawk/Parker mormonischen Glaubens ist, wählen, dann wählte ich ihre Kollaboration mit Dirty Three, die „In The Fishtank“-EP. Damit sei nichts gegen die Inselplatte „Things We Lost In The Fire“ gesagt. Aber so ergreifend wie ihre elegische „Down By The River“-Version oder das sakrale „Lordy“ war selbst diese Band nur selten.
Wie sollten Low, deren schönste Platte also ein Nebenwerk ist, ihr zehnjähriges Bestehen angemessener feiern als mit einer ausführlichen Sammlung von B-Seiten und Raritäten? Gleich drei randvolle CDs aus Demos, Live-Material, Compilation-Tracks und Outtakes haben sie zusammengekehrt. Dazu gibt’s noch eine DVD mit drei Dokumentationen, die allerdings zeigen, dass sich die majästetische Langsamkeit der Musik nicht ohne Weiteres auf das Medium Film übertragen lässt (wenn man nicht Andrej Tarkowski engagieren kann).
Ansonsten Wunder allerorten: Das Demo zu „The Plan“ ist noch viel schöner als der Albumtrack von „The Curtain Hits The Cast“. Nie waren Low näher an den Carpenters als auf der famosen Sub-Pop-Single „Venus“, das wunderliche „No Need“ markiert den Beginn ihrer Freundschaft mit Dirty Three. Wie man ein Glanzstück wie „Because You Stood Still“ auf einer B-Seite verstecken kann, bleibt schleierhaft. Die A-Seite, das Smiths-Cover „Last Night I Dreamt That Somebody Loved Me“, ist ebenfalls graziös.
Überhaupt diese Cover-Versionen: George Harrisons „Long, Long, Long“, Wires „Heartbeat“, „Surfer Girl“ von den Beach Boys, vor allem aber auch Pink Floyds „Fearless“ und „I Started A Joke“ von den Bee Gees – second-hand und doch einmalig. Für ein Tribut an Duluths größten Sohn Bob Dylan wollten sie sich eigentlich mit einem obskuren Song als Kenner aufspielen – und wählten am Ende doch „Blowin‘ In The Wind“ (wo man doch eher auf „Every Grain Of Sand“ gewettet hätte).
Die Vermutung, dass man über die Nebenpfade zu einigen der schönsten Orte im Low-Werk gelangt, hat sich bestätigt. Endlich gibt’s eine zuverlässige Wanderkarte.