Loud Like Love :: Mehr bunte Lieder vom Rande des Nervenzusammenbruchs
Keiner beherrscht die Kunst des Seelen-Striptease so gut wie Brian Molko. Keiner inszeniert sich immer wieder so überzeugend als den einsamsten Menschen der Welt. Und wer geglaubt hat, dieser David Bowie der Generation X hätte auf den bisherigen Placebo-Alben schon alles preisgegeben, sich an allen Obsessionen abgearbeitet, den belehrt „Loud Like Love“ eines Besseren. In seinen Leidensund Erlösungsfantasien wird Molko mal in „Rob The Bank“ von einem störrischer Bassriff und Gitarren, die wie Sirenen klingen, durch die Straßen gejagt, mal flüchtet er sich in „Hold On To Me“ in die Geborgenheit eines Streicher-Intermezzos. Zum Stakkato von „Scene Of The Crime“ sinniert er über verknotete Körper, im elektrisch aufgeladenen „Exit Wounds“ spielt er den Eifersüchtigen, in der mit Breakbeats aufgemischten Ballade „Begin The End“ den Fatalisten und in „Bosco“ den nach Geborgenheit Suchenden, der immer wieder alles versaut.
An Molkos musikalische Nervenzusammenbrüche, an die nervös zuckenden Monster der Empfindlichkeit, die er in seinen Songs auf einen loslässt, hat man sich inzwischen zwar gewöhnt. Auch an Placebos Flirt mit dem Mainstream, der hier fortgesetzt wird. Doch die Dramen der Beziehungslosigkeit setzt das siebte Placebo-Album ungewohnt farbenfroh in Szene. In der Stadionrock-Hymne „Loud Like Love“ träumt Molko von bedingungsloser Liebe, in „A Million Little Pieces“ dichtet er sich zum wehmütig klimpernden Klavier eine Schaffenskrise an („Whenever I was feeling wrong/I used to go write a song/From my heart/But now I feel I lost my spark/No more glowing in the dark/For my heart“). Und in „Too Many Friends“ kündigt er mit einer smarten Hookline den sozialen Netzwerken seine Freundschaft und verrät zu hübsch platzierten Gitarrenornamenten, dass er endlich weiß, warum er so einsam ist: „My computer thinks I’m gay/What’s the difference anyway/When all the people do all day/ Is stare into a phone.“(Universal)