Lou Barlow
Goodnight Unknown
Er habe, wenn er mit Dinosaur Jr. spiele, immer noch Minderwertigkeitsgefühle gegenüber J. Mascis, gestand Lou Barlow in einem Interview, denn in jungen Jahren habe der ihn eher wie ein lästiges Übel als wie ein gleichwertiges Gegenüber behandelt. Da es bei dieser Band ziemlich eindeutig um die Verlängerung der Jugend bis ins Rentenalter geht, gehört es bei Dinosaur Jr. also zum Konzept, dass Lou Barlow sich unterordnet, obwohl er beileibe kein schlechterer Songwriter ist. Und so wie Mascis den Underdog brauchte, um einen Karrierehöhepunkt wie „Farm“ hinzukriegen, scheint Barlow die Sidekick-Rolle bei Dinosaur Jr. zu brauchen, um als Songwriter wieder zu Hochform aufzulaufen. Diesen Eindruck hat man jedenfalls, wenn man „Goodnight Unknown“ hört.
War der Vorgänger „Emoh“ trotz guter Moment ein bisschen fahrig, wirkt das neue Album verspielt und zugleich konzise – fast wie eine Best-of-Platte aus neuen Songs. Die akustische Gitarre ist der Ausgangspunkt der meisten Stücke, doch wir bekommen hier sowohl den hymnischen Sebadoh-Slacker-Barlow, als auch den Dream-Pop-Shoegaze-Folk-Implosion-Barlow und den melancholischen LoFi-Balladen-Barlow von Sentridoh. Melvins-Schlagzeuger Dale Crover gibt den straighten Pop-Stücken ein rhythmisches Rückgrat, Lisa Germano veredelt mit ihren Harmonien den Johnny-Cash-boom-chicka-boom-Country „Too Much Freedom“, und wenn Barlow alleine musiziert, findet er noch immer spielerisch den Punkt, wo die Tristesse in große Schönheit kippt.