„Lost in Translation“ von Sofia Coppola :: (Start 8.1.)
Der alte Mann und das Mädchen. Diese Konstellation hat meistens etwas Schlüpfriges, Frivoles, Obsessives. Doch in Sofia Coppolas zweitem Film nach „The Virgin Suicides“ hat die Begegnung der beiden einsamen amerikanischen Aliens in Japan einen zarten Zauber aus Trost und Tristesse.
Bob Harris (Bill Murray) und Charlotte (Scarlett Johansson) lernen sich im Park Hyatt Hotel von Tokio kennen. Bob ist ein alternder, ausgebrannter Schauspieler und gerade erst eingetroffen, um in der Stadt einen Werbspot für Whiskey zu drehen. Er leidet unter dem Jet Lag und an einer Midlife Crisis. Wenn er gerade eingenickt ist, gehen im vollautomatisehen Zimmer schon wieder die Rolläden hoch. Oder es rattert das Faxgerät, weil seine Ehefrau Fragen zur Renovierung des Eigenheimes hat. Auch Charlotte kann nicht schlafen. Still hockt sie am Fenster mit Blick über die glitzernde Metropole oder liegt im Bett neben ihrem schnarchenden Mann John (Giovanni Ribisi), einem ständig beschäftigten, eitlen Star-Fotografen. So treffen sie immer mal wieder in der Hotelbar aufeinander. Bis zu ihrem ersten Gespräch dauert es einige Tage und Augenkontakte. Dann ziehen sie gemeinsam los, durch die Nacht und Karaoke-Bars, feiern und trinken mit Charlottes japanischen Freunden und strahlen melancholische Heiterkeit aus.
Behutsam und langsam inszeniert Coppola diese Annährung als Entfremdung in der Fremde -vom Lebenspartner in der Ferne, der selbst im Herzen bereits weit weg scheint- aber auch von der Sehnsucht zueinander. Was steht der Liebe, Hingabe, Erfüllung, dem Augenblick im Weg? Das Alter? Vernunft? Die Ehe? Charlotte ist erst zwei Jahre verheiratet, empfindet aber für John kaum noch was. Einmal fragt sie Bob, ob es mit der Zeit einfacher werde. Und der sagt bei einem Telefonat „Ich liebe dich“, als seine Frau längst aufgelegt hat.
„Lost In Translation handelt von der Unmöglichkeit der Liebe und umkreist mit prickelnder Anspannung, stumm und sensitiv dennoch deren Möglichkeit. Sie drängt, er blockt. Die Sehnsucht und Sprachlosigkeit spiegelt Sofia Coppola immer wieder in Bobs verkrampften Verständigungsproblemen mit den Japanern. Wie Murray nahe am Trancezustand mit der Übersetzerin redet, dem zackigen Regisseur zuhört, der von ihm eine Mimik wie Roger Moore fordert, woraufhin Murray trocken ins Leere fragt, ob hier denn niemand Sean Connery kenne, ist von umwerfend trauriger Komik, Slapstick ohne Slapstick. Reglos verfolgt er im Fernsehen „La Dolce Vita“ und einen seiner alten Filme, japanisch synchronisiert.
„Lost In Translation“ ist eine Romanze, auch eine romantische Komödie mit dem versöhnlichsten Schluß seit Richard Linklaters „Before Sunrise“, den man wahrhaftig, bitterschön Happy-End nennen kann.