Locas In Love
Lemming
Staatsakt/Rough Trade
„Nicht einverstanden mit dem lauen Gleichmut, der schon die Frage für die Antwort nimmt“, sang Heinz Rudolf Kunze im Jahr 1981 und schuf damit die Blaupause für die Bands des deutschen Diskurspop, die sich jedoch auf diesen niemals beriefen, auch nicht konnten, nachdem der Mentor sich in seichtere Gefilde begeben hatte. Das Kölner Trio Locas In Love braucht einen solchen Distinktionsanspruch nicht. Auf „Lemming“ strebt es nach einem ungleich softeren Diskurs.
Statt Posen der Provokation, statt Parodien von Parolen, wie Ja, Panik sie gerade wieder durchdeklinieren, gibt es hier schwungvollen Gitarrenpop zwischen Beatles, Flaming Lips und Magnetic Fields. Nur Sängerin/Bassistin Stefanie Schrank irritiert ein wenig auf diesem sonst makellosen Album: „Road Movie“ erschreckt mit Rosenstolz-Pathos, „An den falschen Orten“ ist ein schlimmes, weil zu explizites Beziehungslied. Dagegen liegt die wahre Größe von „Lemming“ in dem milden Nihilismus von Sänger Björn Sonnenberg. „Du erzählst, dass dein Leben die Hölle ist/ Aber ich glaub’, du weißt nicht, wovon du sprichst/ Das ist doch maximal eine Vorhölle“, singt er in „Spoiler Warning“.
„Lemming“ ist, mehr noch als die Einladung zum Diskurs, eine Eintrittskarte in die Welt von Locas In Love, in der man sich zumindest vorübergehend nicht wie der größte Heuchler vorkommt. Dem lauen Gleichmut halten sie entgegen: „Es ist alles wirklich so schlimm, wie es scheint.“