Lez Zeppelin

I

Vier Amerikanerinnen entlocken dem Rock eine feminine Seite

Ein schönes Thema fürs Feuilleton: Eine All-Girl-Band entlockt dem ultimativen Männer-Rock von Led Zeppelin eine feminine Seite. Die geschlechtliche Spiegelung, die andere Seite, das Coming-out. Aber waren Led Zeppelin nicht ohnehin eine androgyne Band? Die blondgelockten Haare, das unmännliche Kreischen, die waidwunde Lyrik: Es entsteht ein Spannungsfeld, wenn vier Frauen hingebungsvoll Led Zeppelin spielen.

Freilich ist Lez Zeppelin trotzdem zunächst ein Revival-Act, der im Tourneegeschäft eine gute Figur macht. Dass zudem mittlerweile das Line-up getauscht wurde und nur Gitarristin Steph Paynes übrig blieb, verdünnt die Geschichte und nimmt Lez Zeppelin ein Stück der Glaubhaftigkeit.

Wie zum Gegenbeweis wird auf dieser Platte kein Greatest-Hits-Repertoire gespielt wie auf dem Debüt von 2007, sondern der komplette Led-Zep-Erstling. Die andere Perspektive wird durchaus erkennbar: Was polterte, wird geschmeidiger, was testosteronschwanger krähte, wird weiblich kämpferisch. Jedenfalls soweit die Originale es zulassen. Denn interpretiert wird hier nur mittels des Ausdrucks und der Emphase – die Töne sind praktisch dieselben, die Klänge und Spielarten ebenfalls. „Good Times Bad Times“ ist etwas eleganter als das rumpelnde Vorbild, „Babe I’m Gonna Leave You“ ist weniger inbrünstig, dafür eine Spur akkurater im Vortrag. Bei „Dazed And Confused“ und „Your Time Is Gonna Come“ wirkt Sängerin Shannon Conley, als würde sie sich in einem imaginären Duett mit Robert Plant befinden – ein Zwiegespräch, das man bisher nur zur Hälfte kannte. Chapeau! Das neue Line-up ist besser als das alte.

Sicher, die Nachahmung ist nicht halb so aufregend wie das hormongesteuerte, bewusstseinserweiterte, in jedem Detail außerordentliche Original. Aber ein gutes Paar geben sie ab. (Pie/Broken Silence) Jörn Schlüter