Ein paar Dinge sind großartig an diesem Album, die nichts mit seiner Güte zu tun haben: Laura Marling lebt freiwillig in Los Angeles  – aber sie findet alles in der Stadt banal und sagt es ohne Ambivalenz: Den Leuten scheine zu viel Sonne auf den Kopf. Die andere Sache, die Laura Marling demystifizieren will, ist das Studio. Sie hat die Platte selbst produziert, ohne T Bone Burnett und Rick Rubin, und zwar in London – und sie ausgerechnet „Short Movie“ genannt. Ein kalifornisches Album ex negativo.

Weil sie schon einmal dabei war, wollte Marling auch das Songschreiben an sich entzaubern. Wenn Entzauberung so klingt, als würde Chrissie Hynde die Songs von Joni Mitchell singen und Carly Simon die von Rickie Lee Jones, dann sollte Demystifikation die einzige Art sein, wie Lieder geschrieben werden. In „I Feel Your Love“ reicht sie bis in die Lyrik der frühen Mitchell: „Let the river answer so I can be alone“ erinnert an Jonis zugefrorenen Fluss. Wie die Pretenders klingt „Don’t Let Me Bring You Down“, so hart wird die Gitarre angeschlagen, so lasziv ist der Sprechgesang: „Did you think I was fucking around?“ Bei „Easy“ wird Dylans „Positively 4th Street“ (und damit auch „Norwegian Wood“) variiert. „Gurdjieff’s Daughter“ hat den Twang eines Songs der Go-Betweens und zugleich die Süffigkeit von „Bette Davis Eyes“, und Marling wiederholt mit Kiekser im frivolen Sprechgesang: „You can’t see it, it might be behind you/ Who weeps for them? Sometimes I do.“ Gott, macht dieses Lied glücklich.

Laura Marling beherrscht alle Stimmen, die bei introspektivem Songwriting überhaupt denkbar sind; auch der brütende Folk wird in „How Can I“ exzellent vorgeführt. „Howl At The Moon“ singt sie zum skelettierten Gitarrenspiel: „Hold-ing my chest like I’m a wild horse about to run away scared …“ Natürlich weiß Marling genau, wie gut sie ist. „Short Movie“ ist ein Wunderwerk entfesselten eklektischen Genies – oder, wie sie wahrscheinlich sagt: eine Fingerübung.