Laura Gibson

Goners

Nie waren die intensiven Folk-Pop-Songs der Amerikanerin berührender

Weil die Seele emotions- und nicht elektrostatisch ist, ziehen sich gleiche Ladungen magisch an. Menschen, denen das Leben ähnlich schwere Päckchen geschnürt hat, finden intuitiv zueinander – in der Hoffnung auf erlösende Balance. Laura Gibson erforscht auf ihrem fünften Album, ­„Goners“, den Magnetismus dieser Schicksalsgemeinschaften und die besondere Nähe des geteilten Verlustes. „Certain men can smell a wound“, analysiert die Amerikanerin in „Tenderness“, das unsanft beginnt, aber zu ebenso tiefenentspanntem wie tiefgründigem Pop wird.

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Die zehn Songs erzählen von der Verletzlichkeit der Trauernden, man begegnet Sense und Sichel, einer spitzen Nadel, einer stechenden Distel, Krallen, Wolfszähnen und einem Bienenschwarm. Die messerscharf formulierte Lyrik, die jedoch zwischen den Zeilen eine wunderbar wattierte Fabelwelt erschafft, ist dem Studium des kreativen Schreibens zu verdanken, das die 39-­Jährige nach dem herausragenden „Empire Builder“ (2016) abschloss. Doch ihre Hauptinspiration ist sehr persönlich: Gibsons Vater starb, als sie ein Teenager war. Verlust for life. „I Carry Water“, eingeleitet von geisterhaften Pianoklängen, erinnert an dieses traumatische, prägende Ereignis und fragt ins Jenseits: „Could you teach me to lose some­one?“

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Ihre höchst präsente Musik in Kulissen der Vergänglichkeit zu tragen hat die Wahl-New-Yorkerin schon praktiziert, bevor ihr Debüt, „If You Come To Greet Me“ (2006), erschien – sie trat regelmäßig in einem Hospiz auf. „Goners“ nennt man Sterbende, aber auch jene, die sich in der Liebe zu einem Menschen verlieren. Dieses unaufhaltsame Entgleiten vertonen hier fernöstlich kolorierte Streicher, Zitherklänge imitieren das Tremolieren der Seele. Auch ein perkussives Klopfen ist immer wieder zu hören – wie ein Herzschlag.

Es ist Gibsons bislang dunkelstes, intensivstes Album, aber sie hat in jeglicher Hinsicht reflektierende Verbündete: Dave Depper (Death Cab For Cutie), Neko-Case-Schlagzeuger Daniel Hunt, Kontrabassist Nate Query (The Decemberists) und Horn-und-Holzbläser-Koryphäe Kelly Pratt (Ar­cade Fire, Father John Misty). Auffällig oft zieht es Gitarristin Gibson auch zu Klavier und Wurlitzer, es ist wortwörtlich ein Herantasten an das kaum Fassbare.

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Die außergewöhnlich berührenden Songs haben mit den titelgebenden „Goners“ vor allem eines gemeinsam: Sie leben in unseren Herzen weiter.