KT Tunstall
Tiger Suit
EMI VÖ: 22. Oktober 2010
Früher habe sie geglaubt, ein Baumwipfel, das Meer, ein Boot, ein Fels des unerschütterlichen Glaubens sein zu können, verrät KT Tunstall und schummelt in ein liebliches Loop eine Beatbox, die „Akte X“-Melodie, Flöten, Akustikgitarren, Klaviergeklimper, Simon & Garfunkel und eine Überdosis Lebensweisheit hinein. „I don’t always get it right/ But a thousand different ways/ And I just might“, singt die aparte Schottin in „(Still A) Weirdo“ – einer Motivationshymne darauf, dass man sich selbst mit allen seinen Schwächen und Fehlern akzeptieren sollte.
KT Tunstall, die so etwas wie das Vorläufermodell von Amy Macdonald ist, hat in der kargen Landschaft Grönlands, in den Ruinen von Machu Picchu, im Barefoot College im indischen Tilonia und auf Berliner Tanzflächen nach dem gesucht, was ihr Ich im Innersten zusammenhält, und dabei etwas gefunden, dass sie nun stolz „Nature Techno“ nennt – eine Musik, die Dancebeats mit Folkloristischem vermischt und den Soundtrack für ihre Selbsterweckungspoesie auf „Tiger Suit“ liefert. Diese schmückt sich mal mit Tribalsounds wie im schwärmerischen „Uummannaq Song“, mal mit einem stampfenden Elektrogroove wie in „Glamour Puss“, mal mit Glamrock-Schmackes wie in „Madame Trudeaux“.
Aber ganz so wild ist das alles dann doch nicht. So abenteuerlustig KT Tunstall auf „Tiger Suit“ ist, so sehr sie vorgibt, sich auf unerkundetes Terrain vorzuwagen, so oft sucht sie immer wieder in gefälligen Refrains Zuflucht. Auch in „Difficulty“, das sich zur Fuzzgitarre mit dem Ungewissen arrangieren möchte, im charmant-poppigen „Fade Like A Shadow“ oder in“Lost“, bei dem sie jede Menge Synthiesounds ausprobiert.
Am meisten bei sich selbst scheint KT Tunstall auf „Tiger Suit“ aber in zwei Boogie-Variationen zu sein: In „Push That Knot Away“, das sich vom Desertblues in einen Dancetrack verwandelt und zwischendurch einen zähen Gitarrenriff aufsammelt. Und in dem bluesigen Nachtstück „Golden Frames“, in dem sie nicht mehr Wipfel, Meer, Boot oder Fels sein will, sondern davon träumt, die Augen eines Vogels und die Nase eines Fuchses zu haben – und wie ein Wolf heult.