Kritik: The Rolling Stones – „Hackney Diamonds“ ist das beste Album seit …
Nach der längsten Schaffenspause ihrer Karriere haben die Rolling Stones ein Album aufgenommen, das all ihre Talente, Stile und Markenzeichen vereint.
Und wie klingen die Rolling Stones heute? Wie eh und je. Die schlotzigen Balladen („Depending On You“). Der rumpelnde Riff-Rock („Angry“, „Bite My Head Off“). Die Jagger-Songs an der Grenze des Pop („Get Close“ und „Whole Wide World“, das klingt, als würden Madness mit Jagger und Richards spielen – also toll). Die rustikale Slide-Gitarren-Meditation („Dreamy Skies“). Die ausufernde, fiebrige Quasi-Gospel-Ekstase („Sweet Sounds Of Heaven“).
Der Bluesrock mit Honyktonk-Piano („Live By The Sword“). Der Disco-Pastiche („Mess It Up“). Das reuevolle Liebeslied („Driving Me Too Hard“). Der Keith-Richards-Song („Tell Me Straight“). Und schließlich: der Blues. Und der heißt hier „Rolling Stone Blues“ und kommt am Ende. Full Circle!
Wer je Lady Gagas Auftritt in Newark bei „Gimme Shelter“ sah, wird sich an die Schauer erinnern, wenn sie auf so hohen Absätzen, dass sie Jagger überragt, in einem Streifenhörnchenanzug über die Bühne kurvt. Gaga war zufällig im Studio nebenan und schaute mal vorbei. „Sweet Sounds Of Heaven“ ist daraus geworden, der längste und schönste Song dieser, wie soll man sagen – fulminanten Platte.
Man will ja keine souveränen Rolling Stones. Man will davongetragen werden. Abgeholt. Und niemand holt ab wie Mick Jagger. Er ist fantastisch bei Stimme. Und es mag wohl sein, dass Keith Richards nicht immer die Lead Guitar auf „Hackney Diamonds“ spielt. Aber die Gitarren sind wunderbar.
Es gibt keine Saxofonsoli, kaum Keyboards, überhaupt keine Effekte in den Songs. Es gibt Gitarren. Bass. Schlagzeug. Und so ist „Hackney Diamonds“ auch das Epitaph für Charlie Watts, der bei zwei Stücken tatsächlich noch das Schlagzeug spielte. Das beste Album seit … (setzen Sie hier den Titel einer Rolling- Stones-Platte ein).