King Hannah
„Big Swimmer“ – Schnappschüsse
City Slang (VÖ: 31.5.)
Das Indie-Folk-Duo aus Liverpool auf einem US-Roadtrip.
Touristisches Sightseeing geht anders. King Hannah entdecken bei ihrer Reise durch die USA ein etwas anderes Amerika. In „Milk Boy (I Love You)“ erzählt Hannah Merrick etwa zu Craig Whittles bedrohlich-widerspenstigem Drei-Ton-Fuzzgitarrenriff von der Begegnung mit einem Jungen ohne Schuhe und einem Mann mit einem fiesen Schnurrbart irgendwo unter einer Brücke in Philadelphia. In „Somewhere Near El Paso“ irren die beiden in Texas zu einem mürrisch stolpernden Beat vorbei an Tankstellen, Waschmaschinen, Getränkeautomaten über die endlosen Highways. Und zu einer knurrigen Gitarre und mit einem Courtney-Barnett-Vibe sucht sich Merrick in „New York, Let’s Do Nothing“ ausgerechnet die Stadt, die angeblich niemals schläft, aus, um sich allem zu verweigern.
„Big Swimmer“ versammelt Reiseeindrücke, Schnappschüsse, Momentaufnahmen. Störrische, sperrige, gern psychedelisch eingefärbte Songs wie „The Mattress“ klingen eher nach Wüstenrock oder nach einer Überdosis The Doors und überhaupt nicht nach Liverpool, der Heimatstadt von Merrick und Whittle, die 2022 als King Hannah ihr Debüt, „I’m Not Sorry, I Was Just Being Me“, veröffentlichten. Die folgenden Reisen durch die USA haben die Musik der beiden nun mit einem düster-schwerfälligen Ton aufgeladen. Lediglich der Indie-Pop-Nummer „Davey Says“ gönnen sie zwischendurch mal eine gewisse Leichtigkeit.
Wenn die zwei nicht gerade Sharon Van Etten als Gast ans Mikro holen – in der mit grummeliger Overdrive-Gitarre verzierten Midtempo-Ballade „Big Swimmer“, die als Akustik-Folk-Walzer beginnt, und in „This Wasn’t Intentional“, einer Dream-Pop-Nummer, die sich ebenfalls im Dreivierteltakt dreht –, legen King Hannah gern auch ihre Einflüsse offen. „Suddenly, Your Hand“ ist eine Hommage an Bill Callahan, die stilsicher die intime Intensität seiner Musik imitiert. Und im Americana-Finale „John Prine On The Radio“ verrät Merrick schließlich auch, was sie am liebsten hört, wenn sie mit Whittle im amerikanischen Niemandsland unterwegs ist: „John Prine on the radio makes me feel alright!“