Keith Richards
Talk Is Cheap
Als Keef noch sauer war auf Mick: Das Solodebüt des Riff-Magiers
Wer heute die doch von viel Zuneigung genährten Frotzeleien zwischen den Herren Jagger und Richards genießt, vermag sich kaum noch vorzustellen, dass diese einst weniger liebevoll ausfielen. So wenig, dass ernsthaft die Zukunft der Stones diskutiert wurde.
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Wobei nur Zyniker einwarfen, diese habe die Band damals ohnehin längst hinter sich gehabt, in den Achtzigern, als Mick lieber trendbewusst Solosachen machen wollte statt noch eine Stones-Tour. Weil bekanntlich leicht reden ist, schritt Keef dann ebenfalls mit einem Solowerk zur Tat, samt Tour mit den X-Pensive Whinos.
Amazon„Talk Is Cheap“ war 1988 das beste Stones-Album seit „Tattoo You“ von 1981 – und ging doch auch darüber hinaus. „Big Enough“ dreht gleich so funky auf, wie es die Stones nie können werden. „Make No Mistake“ ist stimmungsvoller Memphis-Soul, mit Bläser-Arrangement von Willie Mitchell persönlich und Duettpartnerin Sarah Dash (Ex-Labelle). Nicht nur hier kam Richards zugute, dass er in Drummer/Koautor/Produzent Steve Jordan einen echten Sidekick gefunden hatte, der bis heute erste Anlaufstelle für kreative Regungen jenseits der Stones geblieben ist. Jordan erdet Keef mit wuchtigem Groove, während er in klassischen Riff-Songs („Whip It Up“) fast schon rührend versucht, möglichst nah an Charlie zu spielen. Als Background-Sängerin auch dabei: Patti Scialfa.
Im Zugabenblock der Deluxe-Ausgabe wird das Rock’n’Roll-Fieber von „I Could Have Stood You Up“ (samt Mick-Taylor-Solo!) runtergedimmt, wenn Richards mit dem 2005 verstorbenen Chuck-Berry-Pianisten Johnnie Johnson unter anderem locker durch Jimmy Reeds „My Babe“ oder das zehnminütige Instrumental „Slim“ jammt. Die Abrechnung mit Mick gab’s schon vorher im regulären Teil: Was Keef wohl denkt, wenn er heute „You Don’t Move Me“ und sich selbst Zeilen wie „Why do you think you got no friends?/ You drove them all around the bend“ singen hört? Aber letztlich war „Waiting On A Friend“ dann doch stärker. Von, tja, „Tattoo You“. (BMG)