Juana Molina
„Un Dia“
Auf äußerst betörende Weise hat die argentinische Songwriterin Juana Molina auf ihren ersten vier Alben die Musik ihrer Heimat nach und nach in die Pop-Moderne geholt. Für ihre komplexen Songgebilde braucht sie selten mehr als eine akustische Gitarre, ein Loop-Pedal, ein bisschen Perkussion und ihre Stimme.
„Un día voy a cantar las canciones sin letra y cada uno podrá imaginar si hablo de amor, de desilusión, banalidades o sobre platón“, singt sie im Titelsong ihres neuen, bisher vielleicht besten Albums „Un Dia“. Man muss die Textzeile so hinschreiben, auch wenn man sie nicht versteht. Denn bei Juana Molina geht es mindestens so sehr um den Klang der Wörter wie um ihre Bedeutung.
Immer wieder verändert sich Molinas Stimme, singt, summt, zetert sie in allen denkbaren Tonlagen, geht durch Loops und elektronische Verfremdungen. Nicht anstrengend avangardistisch, sondern wundersam wyattesk. Gebettet auf hypnotischen Beats und ambienthaften Sounds, die tatsächlich sowas wie ein Ambiente liefern und die Folktradition nie verleugnen.
„Eines Tages“, singt Molina in der oben zitierten Zeile, „werde ich Lieder ohne Texte singen, und jeder wird sich selbst vorstellen können, ob es um Liebe, Enttäuschung, Banalitäten oder Plato geht.“ Bei dieser Stimme kann es nur die Liebe sein. (Domino/Rough Trade)
Maik Brüggemeyer