Jonathan Jeremiah
A Solitary Man
Island/Universal
Mit dem Albumtitel traut sich der Mann gleich mal was. Aber wer Neil Diamond schon aus nächster Nähe bei der Arbeit zuschauen durfte, und sei es nur im Brotjob als Sicherheitskraft in der Wembley Arena … Die Musik, die der Londoner Sänger und Songschreiber auf seinem fast komplett selbstproduzierten Debüt anbietet, stammt deshalb nicht gleich „aus einer anderen Welt“ (wie es die Firma gern hätte). Sie ist nur ein bisschen aus der Zeit gefallen. Ob die schlichte, betont naturalistische Cover-Optik oder die heimelige Analog-Atmosphäre der Studiofotos im Booklet, hier riecht es wirklich schwer nach ca. 1971. Sogar das Label, Island, passt dazu wie die Faust aufs Auge. Dort waren damals schließlich auch Nick Drake oder John Martyn aktiv, und die schwingen im Titelstück und „Happiness“ durchaus nach, ohne Jonathan Jeremiah zu nahe zu rücken.
Für den dicken Pop-Vibe des Motown-mäßig marschierenden „Heart Of Stone“ wurde als Co-Autor und Produzent Bernard Butler angeheuert. Das funktioniert, wirkt aber ein wenig kalkuliert. Wirklich zu Hause ist dieser fluffige Bariton aber da, wo Jeremiah nicht gleich den großen Soul-Rächer raushängen lassen muss. Sondern weiter nichts um ihn kreisen lässt als seine Akustik-Gitarre, die Streicher des Heritage Orchestra (dem Namen trotzend ein ganz junger Haufen) und ein paar dezente Bläser (darunter PeeWee Ellis und Fred Wesley). „If You Only“, „Justified“ und vor allem das schonungslose „How Half-Heartedly We Behave“ sind hier prima Visitenkarten. Und in Songs wie „Lost“ und „See (It Doesn’t Bother Me)“ treibt Jeremiah seinen Rhythm’n’Folk souverän auf lichte Höhen und swingende See.
Sein „A Solitary Man“ ist übrigens ein Stück, das wohl auch Neil Diamond gefallen würde, so formschön wie es den Unterschied zwischen Ideal und Ist-Zustand des nicht mehr ganz so jungen Mannes von heute bedenkt. Und natürlich: „A solitary man, all that I am, waiting for love to warm my hands …“ Sollte einen wundern, wenn diese Hände allzu lange kalt blieben.