Johnny Cash
„Songwriter“
Mercury/UMe (VÖ: 28.6.)
Demos eigener Stücke aus den frühen Neunzigern.
Es beginnt otherworldly, im Wortsinn. „Hello out there, this is planet Earth calling!“, deklamiert Cash. Es steht nicht gut um ihn, also den Planeten, denn er ist im „final fight for life and peace“. Und: „We’re failing.“ Was kann da nur helfen? Klar, Engel mit Trompeten, die die Rückkehr des Königs ankündigen. Man hätte sich denken können, dass Cash mehr am Jüngsten Gericht interessiert ist als an außerirdischem Leben. Aber ihn nun „alpha and omega“ singen zu hören ist ja fast schon außerirdisch.
Von sehr irdischen Motiven könnte diese Veröffentlichung motiviert sein
Von sehr irdischen Motiven könnte diese Veröffentlichung motiviert sein. Sohn John Carter Cash präsentiert entschlackte bzw. mit Fachkräften wie etwa Marty Stuart nachbearbeitete Demos seines Vaters aus den frühen Neunzigern. Anders als die PR behauptet, wanderten damals nicht alle „Songskizzen … vorerst in die Schublade“, nachdem Cash sich von Rick Rubin hatte finden lassen. Gerade die Version von „Drive On“ ist hier das beste Argument für die Basiskur, die der Produzent für „American Recordings“ verordnete. Die Begleitung, mehr Kulisse als Arrangement, nimmt dem Song und Cashs Performance alle Dringlichkeit, bevor er im Sphärischen wirklich verendet.
Weniger Kraft büßt „Like A Soldier“ ein, fast identisch mit der Version auf dem 2000er Cash/Carter-Album „Return To The Promised Land“. Sonst hat Cash den Blues im „Spotlight“, er besingt die Frauen und seinen Stammbaum in Arkansas („Have You Ever Been To Litt le Rock?“) oder die Talente von James Taylor („She Sang Sweet Baby James“). „Well Alright“ ist eine Dating-Story in Boom-Chicka- und Altherrenmanier, mit dieser Eröffnung: „I met her at the Laundromat, she was washing extra-hot …“ Dann lieber noch eine Verbeugung vor June, „I Love You Tonite“ beweist immerhin Humor. „Oh baby, ain’t we a sight, can you believe we made it to the eighties?“, fragt Cash. Wäre 1994 nicht „American Recordings“ veröffentlicht worden, sondern „Songwriter“ – die Geschichte von Johnny Cash hätte nicht neu geschrieben werden müssen.