Alles war natürlich wieder Zeichen und Vorahnung. Die Quasi-Totenmaske des Covers. Der leere Stuhl auf der Rückseite. Nicht zuletzt der große Titelsong, an dem Cash laut Selbstauskunft so lange geschrieben hatte wie an keinem anderen. Von angeblich drei Dutzend Manuskriptseiten bibelinspiriertem Rohstoff blieben, unter anderem, Millionen singender Engel, aufgestellter Armhaare, Jungfrauen, die ihre Perücken in Form bringen, und diese Gestalt, die sich auf einem fahlen Pferd wie ein Geist aus dem Song schleicht. Selten blickte jemand dem Sensenmann so kühl und ergreifend zugleich ins Antlitz.

Seiner „soft,fluffy Mama Bear“ namens June dankt Cash ein letztes Mal, während ihm und Rick Rubin das Gespür fürs rechte Material nicht erstmals, doch öfter mal abhanden kommt. Merkwürdig unbeteiligt klingt Cash etwa in der Beatles-„Rubber Soul“-Preziose „In My Life“, die doch in Sentiment wie Botschaft wie geschnitzt scheint für ihn. Mit Fiona Apple (halbgare Einlage) geht er unter Paul Simons „Bridge Over Troubled Water“ pompös baden, während „Desperado“ mit Co-Autor Don Henley fast wie eine Outlaw-Travestie anmutet.

Das leicht übersteuerte „Hurt“ (Trent Reznor) hingegen bleibt grandios und setzt allein auf das Kern-Akustiktrio Mike Campbell, Smokey Hormel (beide Gitarren) und Benmont Tench (Tasten). Chili-Peppers-Gitarrist John Frusciante bringt „Personal Jesus“ auf den Boden des Akustik-Blues, dazu spielt Billy Preston Boogie-Piano wie aus’m Klo nebenan. Fein gerät selbst Ewan MacColls einmal zu oft gesungenes „First Time Ever I Saw Your Face“, grundiert nur von Tenchs Orgel.

Natürlich recycelt sich Cash im letzten Anlauf auch wieder kräftig selbst. Wogegen nichts einzuwenden ist – wenn er einem Song wie „Give My Love To Rose“ als fragiler Schmerzensmann all das geben kann, was ihm damals noch nicht möglich sein konnte. Und „Danny Boy“ zur feierlichen Kirchenorgel letzte Dinge beschwört: „… and I will rest until you come to me.“ Es war dann ja umgekehrt, doch seine June blieb nicht lange ohne ihn.

Zum Abschied sagt Johnny mit der „Whole Cash Gang“ als Chor und dem Versprechen „We’ll Meet Again“ beschwingt Servus. Eine Woche nach seiner Beerdigung wurden ihm im September 2003 posthum drei American Music Awards (Song, Album und Künstler des Jahres) zugesprochen, die sein Sohn John Carter Cash entgegennahm. Als das Video zu „Hurt“ über die Leinwand flimmerte, hörte man im Ballsaal des Nashville-Hotels nur noch das Rascheln der Taschentücher.

Höhepunkt: „Hurt“ Erfolg: Platz 22 in den „Billboard 200“-Charts.