John Cale

„POPtical Illusion“ – Spätes Großwerk

Domino (VÖ: 14.6.)

Minimalistischer Pop und disruptive Drones.

John Cales fabelhaftes letztes Album „­Mercy“ aus dem vergangenen Jahr klang ein bisschen nach Abschied. Der Meister hatte einige Jün­ger:in­nen um sich versammelt (Laurel Halo, ­Weyes Blood, Animal Col­lec­tive, Fat ­White Family, Sylvan Esso), erinnerte an verstorbene Weg­ge­fährt:in­nen (David Bowie, Nico), beklagte den Zustand der Welt und zog eine Summe seines Schaffens. Ein großes Alterswerk. Ein angemessenes Schlusswort. Ein letztes Hurra. Von wegen!

„POPtical Illusion“ ist, wenn man vom etwas albernen Titel mal absieht, ein würdiger, vielleicht sogar überlegener Nachfolger. Cale hat dieses Mal auf Gäste verzichtet, hat allein an vertrackten Rhythmustracks gearbeitet, über die er seine minimalistischen, aber maximal wirkungsvollen Ornamente und Gesangsmelodien schweben lässt. Das Album wirkt stringenter und geschlossener, leichtgängiger und klarer als der Vorgänger – dabei aber nicht weniger gewichtig und beunruhigend.

Hoffen wir, dass das kein Abschiedslied ist

Das Eröffnungsstück, „God Made Me Do It (Don’t Ask Me Again)“, lebt von einem simplen Synthie-Hook, um den Cale seine Nachtgedanken spinnt. „Davies And ­Wales“ ist ein federleichter Popsong, der auf „Wal­king On Lo­custs“ nicht fehl am Platz gewesen wäre, „Cal­ling You Out“ hätte in seinem dunklen Mystizismus auch auf „Hobo­Sapiens“ eine gute Figur gemacht, das Stop-and-Go-Orgelmotiv von „I’m Angry“ wird allein von der immer noch festen und chorknaben schönen Stimme des 82‐Jährigen zusammengehalten: „I’m angry/ Angry and ­alone/ I can’t stop it/ Stop it on my own.“ „How We See The Light“ wechselt die Perspektive und versprüht ein bisschen Hoffnung, „Shark-Shark“ ist der wütende, disruptive, von Drones durchzogene Höhepunkt des Albums, „­There Will Be No River“ der glitzernd helle, um eine Pianofigur kreisende Schlusspunkt.

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„Who’d have ­thought we were done/ ­We’ve been here so many ­times be­fore/ But ­there was some­thing ­you’d see/ Or some­thing ­ you’d hear/ That made you come back ­again/ There was to be no ri­ver/ With me floa­ting in the wa­ter/ Like a ma­gi­cal ­piece of code.“ Hoffen wir, dass das kein Abschiedslied ist.