Jake Xerxes Fussell

„When I’m Called“ – Auf bestem Weg

Fat Possum/V2 (VÖ: 12.7.)

Mit untrüglichem Timing: Folk-Tradition in neuem Kontext.

Wie ein Pony sieht der Gaul auf dem Cover des fünften Albums von Jake Xerxes Fussell nicht gerade aus. Nicht wie das Pony des Ghostriders, der Andy Warhol im Auftaktsong ein bisschen Bange machen möchte, dieser Erinnerung an Gerald „The Maestro“ Gaxiola, den selbst ernannten King of the Cowboy Artists. Aber nach vorn reiten und dabei offen zurückschauen: das ist eine gute Metapher für die Arbeitsweise des in North Carolina ansässigen Musikers.

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Wie kaum ein zweiter Künstler seiner Generation hat Fussell verinnerlicht, dass es nicht damit getan ist, Folk-Traditionen „authentisch“ nachempfinden zu wollen. Er covert auch nicht im eigentlichen Sinn. Vielmehr werden seine geliebten Field Recordings (besonders: späte 60er-, frühe 70er-Jahre) mit Fund- und Versatzstücken aus anderen Zusammenhängen neu kontextualisiert. Exemplarisch hier das Titelstück, das auf der am Wegesrand aufgelesenen Kritzelei eines reuigen Schülers basiert. Aber wir werden ja ein Leben lang aufgerufen.

Egal wohin – man muss sich um diesen Mann keine Sorgen machen

„When I’m Called“ ist in zentralen Songs wie „Who Killed Poor Robin?“, „Gone To Hilo“ oder dem langsamen Walzer „One Mor­ning In May“ eine Hommage an seinen 2022 verstorbenen Mentor Art Rosenbaum und wurde wieder von James Elkington produziert, der Fussells Fingerpicking auch mal reich orchestriert („Cu­ckoo!“) und Gäste wie Blake Mills und Joan Shel­ley in­tegriert. Doch nichts wirkt überhöht oder so, als könnte der Kern ersticken oder das alles nicht tragen. Fussells Bariton ist ebenso unspektakulär wie mit untrüglichem Timing gesegnet, auch für Sprach­eleganz. Es reicht, sich anzuhören, wie er in „Fee­ing Day“ den Gentleman mit Umbrella spielt, „for fear the rain her ­clothes ­would ­stain“.

„Leaving here, don’t know where I’m going“, singt Fussell. Vielleicht Salt Lake City? Nein, lieber südwärts. „Alabama water ­taste like cher­ry wine, Alabama wo­men drink it all the time …“ Egal wohin – man muss sich um diesen Mann keine Sorgen machen. Mit solchen Songs wird er immer irgendwo ankommen. Vielleicht sogar dort, wo ein Pony auf ihn wartet.