Iron & Wine
Kiss Each Other Clean
4AD/Beggars
Sam Beams wohlig warmer Pop fasziniert durch die vielen Brüche.
Wenn das Lo-Fi-im-Schlafzimmer-Genie sich ins Studio wagt und die maladen, zerbrechlichen Songs sich gegen große Arrangements und eine glasklare Produktion behaupten müssen, wird’s ernst. Sam Beam, der sich Iron & Wine nennt, hat diese Prüfung mit seinem letzten Album „The Shepherd’s Dog“ mit Auszeichnung bestanden. Der um Dub- und Afropop-Anleihen erweiterte Westcoast-Sound tat seinen Liedern gut, gab ihnen sogar mehr Tiefe. Die Hörerfreundlichkeit katapultierte Iron & Wine nicht nur in die US-Charts, sondern auch in den Soundtrack einiger US-Serien. „Kiss Each Other Clean“ erscheint nun in den USA gar bei einem sogenannten Majorlabel.
Das neue Album sei fokussierter als der Vorgänger und klinge wie die Musik, die man Anfang/Mitte der 70er-Jahre gern im Autoradio hörte, erklärte Beam. Doch da sagt er nur die halbe Wahrheit, denn der wohlig warm gehauchte Pop ist durchaus brüchig. Es ist, als ob nebenan eine Krautrock-Band jammt und ab und zu jemand die Tür aufmacht und ihren Sound in die Songs lecken lässt. An einigen Stellen – etwa im spröden „Rabbit Will Run“ – erinnert das an Brian Enos Produktion von Paul Simons „Surprise“. Doch während dort viele der Songs vor den Sounds kapitulieren, gewinnen die Stücke bei Iron & Wine durch das Spiel von Elektronik und afrikanischen Klängen an Dichte und Drama.