International Music

„Endless Rüttenscheid“

Timeless Melancholic Music/Bertus/The Orchard (VÖ: 6.9.)

Zum Verlieben: Psychedelischer Pop aus Essen.

Die Musik von International Music lebt von ihren Zwischenräumen: Rhyth­men, die sich ständig umwälzen, Brüche, die einen orientierungslos zurücklassen. Die Stücke klingen, als würden sie den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Endlose Unbeständigkeit. Musik, die immer wieder Kluften aufreißt, in die man sich nur zu gern fallen lässt. „Endless Rüttenscheid“ ist das dritte Album des Trios aus Essen und ihr bisher kürzestes. Der Vorgänger, „Ententraum“ von 2021, war ein ausuferndes Werk, kaleidoskopisch und so kreativ, dass es jenseits aller Vorstellungskraft liegt. Diesmal ist alles kürzer, konziser. Präzision statt Unendlichkeit.

Trotz der Unbeständigkeit atmen alle Stücke einen gemeinsamen Geist

Einerseits fehlen die psychedelischen Exkurse, andererseits drängen sich all die Verrücktheiten dichter zusammen. „Kraut“ etwa, zu Beginn Jangle-Pop mit hypnotischem Beat. Dann plötzlich doomige Langsamkeit, als hätte jemand die Zeitlupe eingeschaltet, dazu ein assoziativer Text: „Manchmal seh ich Wasser, und dann will ich freier sein/ Manchmal seh ich Feuer, und dann will ich Wasser sein.“ Trotz der Unbeständigkeit atmen alle Stücke einen gemeinsamen Geist, sie handeln vom Lieben und Geliebtwerden. Vom Loslassen, wie „Lass es ziehn“, ein Folk-Pastiche mit The-Cure-Einschlag. Und vom Festhalten, das hemdsärmelige „Liebesformular“ etwa, mit Tralala-Chören. Als spielten die frühen Beatles mit einem Dutzend Hallgeräten.

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Im Gegensatz dazu steht das ehrfürchtige „Im Sommer bin ich dein König“. Das Schlagzeug schlägt einen konstanten Puls zu ausklingenden Gitarrenakkorden und verwaschenen Keyboardsounds. Schmachtender Gesang, dann ein Solo der Fuzz-Gitarre. Ein Song wie eine Verbeugung. Und dann taucht noch eine Selbstreferenz auf, die Reprise von „Mont St. Michel“, 2018 ursprünglich auf dem Debüt, „Die besten Jahre“. Ein akustischer Ruhepol mit Western-­Gitar­ren, Morricone im Ruhrgebiet. Bei all den Schritten Richtung Endlosigkeit lohnt ab und zu ein Schritt zurück.