Iggy Pop
„Every Loser“
Warner (VÖ: 6.1.)
Fett produzierter, glaubwürdiger Rock’n’Roll-Exzess
Jetzt zeigt er uns wieder seinen noch etwas faltiger und schlaffer gewordenen Oberkörper, als ginge es um ein Kunstprojekt zum Thema Vergänglichkeit. Mick Jagger würde das eher nicht tun. Doch Iggy Pop kennt die Stärken seiner Marke, die Authentizität einer rebellischen Kunstfigur, die niemals alt und weise wird wie „normale“ Senioren. Mag sein, dass James Osterberg gern mal mit einem Buch am Kamin sitzt. Aber Iggy Pop doch nicht!
Ein Sound zwischen Rock’n’Roll-Exzess und fett produzierter Selbstparodie
In „Frenzy“, dem furiosen Einstieg ins neue Album, zeigt der Sänger allen Douchebags, die ihn aufs Altenteil abschieben wollen, den Mittelfinger: „So get me a try before I fucking die/ My mind is on fire, I will not retire.“ Chili Pepper Chad Smith, Duff McKagan und Andrew Watt halten ihm dabei den Rücken frei – mit einem Sound zwischen Rock’n’Roll- Exzess und fett produzierter Selbstparodie.
Zur Verstärkung kommen gelegentlich auch Josh Klinghoffer, der kürzlich verstorbene Taylor Hawkins und Dave Navarro zum Einsatz. Ein Major-League-Team aus Männern, die nur zu gut wissen, was Männern ihres Alters Spaß macht. Aber hey hey, my my, Anfänger beim Rocken sind wir alle nicht mehr. Iggy zeigt uns, dass mit 75 noch lange nicht Schluss sein muss – sofern man sich gesund ernährt und über einen Personal Trainer verfügt.
„Modern Day Rip Off“ ist leider trotzdem wenig mehr als eine Diebestour durch das Werk der Stooges. Sehr druckvoll und energisch, das schon, aber ohne eine einzige neue Idee. „Morning Show“ präsentiert Iggy dafür mit einer wunderbar tiefergelegten Balladenstimme, auch der darauffolgende Swing „The News For Andy“ behält den warm-sonoren Ton bei. Beide Songs sind auch deshalb große Klasse, weil sie aus dem oft zu betont virilen Rahmen fallen. „Neo Punk“ klingt denn auch so schrecklich, wie es heißt. Tobsüchtige Musik für Sechzehnjährige mit Selbstfindungsproblemen und gelegentlichen Erektionsstörungen. Aber so was passiert jedem mal, ehrlich. Insgesamt ist „Every Loser“ eine recht gelungene Kollektion.