Hozier

„Unreal Unearth“

Universal (VÖ: 18.8.)

Sakral aufgeplusterter Pathos-Pop featuring Dante

Das neue Album von Andrew Hozier-Byrne kommt direkt aus der Hölle: Der Ire hat sich für „Unreal Unearth“ von „Inferno“, dem ersten Teil aus Dantes „Göttlicher Komödie“, inspirieren lassen. Darin muss die Seele, auf der Reise zu Gott, die sündhafte Hölle auf Erden überwinden. Schon im ersten Lied verkündet Hozier: „No closer could I be to God!“ So kurz ist der Weg durch die Hölle dann aberdoch nicht. „Francesca“ offenbart eine unwirtliche Nickelbackhaftigkeit, ist erstaunlicherweise aber trotzdem die anhänglichste Komposition auf dieser mit 16 ausgewachsenen Songs deutlich zu langen Platte, darunter ein recht apartes Duett mit Brandi Carlile („Damage Gets Done“), aber auch die aufgeplusterte Simulation eines Historienfilm-Instrumentals („Son Of Nyx“).

Gleichzeitig beeindruckend und strapaziös

Das zweiteilige Eröffnungsstück, „De Selby“, bezieht sich auf die gleichnamige Figur aus Flann O’Briens Roman „Der dritte Polizist“. Dass Hozier seine Musik gern mit Referenzen aus Literatur und Religion ausstaffiert, ist bekannt. Neu ist das Ausmaß – gleichzeitig beeindruckend und strapaziös. Ebenfalls neu ist, dass diesmal keine potenzielle Erfolgssingle an den Anfang platziert wurde. Hoziers 2014 veröffentlichtes Debüt begann mit dem oft fehlinterpretierten Chart-, Radio- und Streaminghit „Take Me To Church“, der die Diskriminierung Homosexueller in der katholischen Kirche anprangert und zum elitären Kreis von nur 103 Songs gehört, die in den USA bislang Diamant-Status (Zehnfach-Platin) erreicht haben.

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Hoziers drittes Studiowerk beginnt mit einer zeitlupenhaft-zarten Akustikszenerie, die zu einem unerquicklichen Blues-Soul-Pop-Muskelspiel metamorphosiert. Melancholisches Wispern kann er wesentlich besser und authentischer als Stadionrefrains. Das auf Streichern gebettete, sanft geklampfte „I, Carrion“ und die Pianoballade „To Someone From A Warm Climate“ sind veritable Perlen unter Liedern, die zu oft wirken wie sakrale Designobjekte aus der Kommerzkathedrale von Sankt Pathoshausen.